Logistik

Amazon vs. Google: Internet-Giganten kämpfen um die Kundenbeziehung

Kundenbeziehung - Distributions-Center
Bild: pixabay

Aktuelle Studie untersucht Kundenbeziehung bei Amazon und Google

Internetgigant Amazon schaffte es in den letzten Jahren, im Umsatz um durchschnittlich mehr als 30 % pro Jahr zu wachsen. Eine Gewinnerzielungsabsicht schien dagegen lange Zeit „Nebensache“ zu sein. Das könnte sich zu bald ändern. Nicht nur mit dem Geschäftsbereich AWS (Amazon Web Services), sondern neuerdings auch mit dem Werbegeschäft setzt der Internet-Gigant auf Gewinnsteigerung. Im dritten Quartal 2017 kletterte die Segmentsparte „andere Umsätze“, die hauptsächlich aus Werbe-Erlösen besteht, um 58 % auf über 1,12 Mrd.USD. Wenn Amazon zukünftig als Konkurrent von Google und Facebook in den Werbemarkt einstiegt, beflügelt das die Gewinnphantasien der Aktionäre. „Der Erfolg wird stark davon abhängen, welche Plattform die Kundenbedürfnisse am besten versteht und den Verbraucher motiviert, möglichst lange auf dieser zu verweilen und aktiv zu sein. Die Chancen für Amazon stehen dabei nicht schlecht“, betont Prof. Dr. Andreas Krämer als Autor der Studie Pricing Lab 2017. Die Studie untersucht Kundenbeziehung (B2C) bei Amazon und bei Google.

Marktbeherrschende Position von Google und Amazon

In den vergangenen zehn Jahren haben sowohl Google (bei Suchanfragen) als auch Amazon (Internethandel) eine marktbeherrschende Position aufgebaut. Google nutzt diese im Wesentlichen, um das Werbegeschäft auszubauen und eine extrem hohe Umsatzrentabilität zu realisieren. Demgegenüber verzeichnete Amazon in den letzten Jahren teilweise Verluste und setzt primär auf Umsatzwachstum. Gefragt nach der Nutzung von Suchmaschinen im Internet nennen in Deutschland über 90 % den Anbieter Google. Wiederum fast drei Viertel geben an, Google mehrmals am Tag zu nutzen. Etwa jeder siebte Befragte wäre bereit, für die Nutzung von Google sogar zu zahlen.

Nicht minder intensiv ist die Kundenbeziehung zwischen den deutschen Verbrauchern und Amazon. Beim Net Promoter Score (NPS) erreicht Amazon einen besonders hohen Wert (+48), der in der Gruppe der Prime-Kunden noch einmal deutlich übertroffen wird (+77). So konnten Preissteigerungen von mehr als 40 % für das Prime-Abo in 2017 praktisch ohne nennenswerte Kundenverluste umgesetzt werden.

Erst Umsatzwachstum, dann Rentabilität

Amazon verbuchte in 2017 ca. 60 % höhere Umsätze als der Google-Mutterkonzern Alphabet (178 Mrd. USD vs. 111 Mrd USD), das Ergebnis nach Steuern betrug mit ca. 3 Mrd. USD aber nur ein Viertel von Alphabet. Aktuell intensiviert Amazon seine Expansion in digitale Werbemärkte, bislang eher auf die USA konzentriert. Dem deutschen Markt als wichtigster Auslandsmarkt könnte ein ähnlicher Schritt auch bevorstehen, zumal das Unternehmen über extrem genaue Kundendaten verfügt.

Mit Amazon Prime gelingt es dem Internethändler, eine immer stärkere Position im Bereich Kaufentscheidungen und Medienkonsum der Haushalte zu besetzen. So ist Amazon Prime Video auch in Deutschland ein großer Spieler im Streaming-Markt. Jüngst erst hat Amazon hierzulande ein Live-Bundesliga-Radio gestartet und sein Prime Video-Angebot um Kanäle von Drittanbietern ergänzt. Mit einer stärkeren Vermarktung von Werbeflächen würde dann neben Facebook und Google ein weiterer überaus mächtiger Konkurrent im Kampf um Werbe-Budgets entstehen.

Verbrauchervertrauen als Schlüssel zu hohen Werbeumsätzen

Bei den Präferenzen der Verbraucher hat Google gegenüber Amazon erkennbare Nachteile. 53 % der Befragten geben an, dass sie zunächst bei Amazon schauen, wenn sie Produkte zu kaufen beabsichtigen (bei Prime-Kunden sogar 63 %). Nur bei ca. einem Fünftel der Verbraucher liegt Google vorne. Selbst bei Verbrauchern, die intensiv Google als Suchmaschine nutzen, besteht eine Präferenz bei der Produktsuche für Amazon. Mit dem Prime-Dienst verfügt Amazon zudem über ein sehr wirkungsvolles Instrumentarium, die Kunden noch stärker an den Anbieter zu binden. Kundenbindung bedeutet in diesem Fall nicht nur eine bessere Position im Mindset des Konsumenten verbunden mit Umsatzverlagerungen zugunsten des Internethändlers, sondern auch mehr und bessere Kundeninformationen – insbesondere zum tatsächlichen Kaufverhalten. Diese sind für Kundenbeziehung und Werbegeschäft essenziell.

Hinsichtlich der Bereitschaft der Verbraucher, persönliche Daten zur Verfügung zu stellen, bestehen erkennbare Unterschiede: Nur jeder zehnte Verbraucher vertraut Google persönliche Daten eher an als Amazon. Fast jeder zweite Kunde mit Amazon Prime vertraut diesbezüglich eindeutig Amazon. Ein verschärfter Datenschutz zugunsten der Verbraucher wird Amazon daher eher nützen. „Amazon besitzt das Potenzial, einen erheblichen Anteil im Wettbewerb um Werbebudgets zu realisieren, und zwar aus folgenden Gründen: Das Geschäftsmodell von Amazon ist näher an der Kaufentscheidung und der Anbieter besitzt ein sehr detailliertes Wissen zu Kundenpräferenzen und Produktbewertungen“, resümiert Johannes Hercher, Vorstand der Rogator AG und Co-Autor der Studie.


Pricing Lab 2017 ist eine Studie zur Ermittlung und Bewertung von Trends im Preismanagement. Sie wird jährlich mehrmals in Kooperation von der exeo Strategic Consulting AG und der Rogator AG durchgeführt. Grundlage der Untersuchung ist eine repräsentative Befragung von ca. 1.000 Personen ab 18 Jahren.