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Advanced Battery Storage: Batteriespeicher aus Fahrzeugbatterien

Advanced Battery Storage. Batteriespeicher
Advanced Battery Storage. Bild: The Mobility House

[The Mobility House] In Elverlingsen ist Deutschlands erster stationärer Batteriespeicher-Container mit Elektroauto-Batterien in Betrieb.

Mindestens 20 MWh stationäre Speicherkapazitäten in ganz Deutschland – das ist im ersten Schritt das Ziel von The Mobility House, Renault und Fenecon im Rahmen des Projekts „Advanced Battery Storage“. Der erste Speicher mit 3 MWh ging jetzt in einem ehemaligen Kohlekraftwerk in Elverlingsen, Nordrhein-Westfalen, in Betrieb. Dabei handelt es sich, wie auch bei der Kundenlösung, um zwei 40-Fuß-Standardcontainer – einen Batteriecontainer und einen Trafocontainer –, in denen das System schlüsselfertig installiert ist. Mit diesem Batteriespeicher unterstützen die Partner den Wandel der Energiewelt hin zu einem dezentralen und von erneuerbaren Energien geprägten System, welches bei der Stromerzeugung durch Wind und Sonne starken Schwankungen ausgesetzt ist. Stationärspeicher gleichen diese Schwankungen aus und erhöhen somit die Flexibilität des Stromnetzes.

In das stationäre Speichersystem können First- und Second-Life-Batterien von Renault aus dem Kompaktwagen Zoe verbaut werden. Die innovative Verwendung im Second-Life als stationäres Speichersystem erweitert den Einsatzbereich und verlängert die Nutzungsdauer von ehemaligen E-Auto-Akkus – und verbessert damit auch deren CO2-Bilanz deutlich. Darüber hinaus reduzieren die Erlöse der Nachnutzung die Kosten für das Elektroauto.

„Die Batterie ist das wertvollste Asset im Elektroauto“, sagte Robert Hienz, COO von The Mobility House, im Rahmen des Roundtables. „Ein Stationärspeicher wie im Projekt ‚Advanced Battery Storage‘ ist für uns – vereinfacht ausgedrückt – wie ein großer Parkplatz mit vielen E-Autos, die ständig über den Stecker mit dem Stromnetz verbunden sind. Rein technologisch gibt es für uns keinen Unterschied zwischen den in E-Autos verbauten Batterien und jenen in Stationärspeichern.“

Advanced Battery Storage. Batteriespeicher

Advanced Battery Storage. Bild: The Mobility House

„In einem Container sind 72 einzelne Batteriemodule aus E-Autos verbaut, und zwar als austauschbare Einheiten“, erklärte Franz-Josef Feilmeier, Geschäftsführer der Fenecon GmbH, den Aufbau des Stationärspeichers. „Bei der Nutzung spielt es keine Rolle, ob die Batterie neu oder gebraucht ist. Es können sogar verschiedene Bauformen, Spannungen und Kapazitäten miteinander kombiniert werden. Neue Batterien, die als ‚lebendes Ersatzteil‘ im Speicher verbaut sind und auf diese Weise frisch gehalten werden, können wir auch schonender belasten als Second-Life-Akkus, die nach ihrem Einsatz als Stationärspeicher ohnehin dem Recycling zugeführt werden.“

The Mobility House betreibt seit 2016 bereits mehr als 2500 Lithium-Ionen-Fahrzeugbatterien in verschiedenen Systemen und Anwendungsgebieten. Die Technologie hat sich im täglichen Einsatz in den vergangenen Jahren als äußerst zuverlässig erwiesen. Die Systeme werden von The Mobility House im laufenden Betrieb automatisch gesteuert und an den Energiemärkten vermarktet.

Platz für zwei Container und das passende Lastprofil
Interessierte Unternehmen, die ihre „Energieprobleme“ bei sich vor Ort lösen und nach innen und außen als Vorreiter und Innovatoren der Energiewende wahrgenommen werden wollen, brauchen lediglich ausreichend Platz für zwei 40-Fuß-Container und eine verfügbare Netzanschlussleistung von 3 MW. Kunden aus der Industrie, Bus- oder Schnellladebetreiber sowie Stadtwerke, Netzbetreiber und EVU´s, die bei Spitzenlasten Kosten einsparen und ihre Stromqualität stabilisieren möchten, können optimal von den vielen Vorteilen des Systems profitieren:

  • Das stationäre Speichersystem glättet hohe Lastspitzen direkt vor Ort. Da deshalb weniger Strom aus dem Stromnetz benötigt wird, senkt das System die Netznutzungsentgelte erheblich. Die besten Ergebnisse erzielt der Batteriespeicher bei Industrie- und Gewerbeunternehmen mit einem hohen Stromverbrauch von mehr als 10 GWh im Jahr und/oder mit Lastspitzen oberhalb von 500 kW.
  • Durch die Flexibilität der Batteriespeicher können Netzbetreiber bei Netzengpässen an wichtigen Knotenpunkten unterstützt werden.
  • Bei einem Stromausfall kann der Batteriespeicher schnell, sicher und zuverlässig als Notfalllösung einspringen.
  • Die Wechselrichter des Batteriesystems können die Blindleistung am Standort ausgleichen.

Positive Kostenbilanz in der Praxis – Finanzierung gewährleistet
Ein Beispiel für eine Anwendung ist ein Industriestandort mit hohem Stromverbrauch. Durch die Vermeidung von Lastspitzen (Peak Shaving) kann sich eine Ersparnis bei den Stromkosten von gut 200.000 Euro pro Jahr ergeben. Die Kosten für die stationären Speichereinheiten selbst belasten die Bilanz indes nicht: Denn die Finanzierung ist über The Mobility House, Renault, Fenecon und zwei weitere Projektpartner, der japanische Mischkonzern Mitsui & Co. sowie der französische Risikokapitalgeber Demeter, bereits gesichert.

Fernziel V2G – ein riesiger Schwarmspeicher für die Energiewende
Ein übergeordnetes Ziel des Projekts ist es, Elektroautobatterien über ihre gesamte Lebensdauer, welche bei mehr als 20 Jahren liegen kann, optimal zu nutzen. So können sie bei der Sektorenkopplung, der Zusammenführung der Energie- und Mobilitätswelt, eine wichtige Rolle spielen. Als Fernziel und daran arbeitet The Mobility House bereits – steht die Nutzung von mobilen Elektroautos als aktiver, riesiger Schwarmspeicher im Energiemarkt (V2G).

„Das Elektroauto ist das einzige Auto, das auch während es steht zur Reduzierung von CO2-Emissionen beitragen kann: Indem es dank V2G-Anwendungen die Nutzung von erneuerbaren Energien erhöht“, verwies Uwe Hochgeschurtz, CEO Renault Germany / Austria / Switzerland bei Groupe Renault, auf das Potenzial der innovativen Technologie. „Ich glaube, dass es in den nächsten 10 bis 20 Jahren keine Alternative zur Elektromobilität gibt. Der Weg dahin ist bereits vorgezeichnet und viel Potential wird sich erst noch erschließen.“

„Batterien als Stromspeicher bringen große Vorteile mit sich: Sie reagieren sehr schnell und können flexibel an unterschiedlichsten Orten genau dort eingesetzt werden, wo tatsächlich auch Netzprobleme vorherrschen“, erklärte Dirk Uwe Sauer, Professor für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik an der RWTH Aachen, die Vorzüge von Stationärspeichern. Auch die per V2G im Bereich des Möglichen liegenden Kapazitäten seien enorm, wie Sauer vorrechnet: „Stellen Sie sich zehn Millionen Elektroautos vor, die jeweils mit 11 kW an einer bidirektionalen Ladestation angeschlossen sind. Damit käme man auf 110 Gigawatt Leistung – das übertrifft unsere aktuellen Spitzenlasten von rund 80 Gigawatt deutlich.“

Dipl. Ing. Frank Schäfer, Leiter Themengebiet Netze / Speicher bei der Energieagentur NRW, ist davon überzeugt, dass mit Stationärspeichern ein ganz neuer Wirtschaftszweig entstehen wird: „Flexible Containerlösungen, wie jene in Elverlingsen, sind ein Beitrag für Arbeitsplätze der Zukunft und der Clou schlechthin für die Energiewende und wenn es darum geht, alte Kohlekraftwerke zugunsten erneuerbarer Energien aufzugeben.“

Urban Windelen, Geschäftsführer Bundesverband Energiespeicher, verwies auf die dringende Notwendigkeit, Speichermöglichkeiten für erneuerbare Energien aufzubauen: „Wenn wir nachts Strom haben wollen, der von der Sonne erzeugt wurde, brauchen wir Speicher“, so Windelens einfache wie auch einleuchtende Erklärung. Allerdings stünden der Ertüchtigung der Stromnetze über Batteriespeicher noch regulatorische Hindernisse entgegen, sagte er. Wichtig sei es nun, die „drei D’s der Energiewende – Deregulierung, Dekarbonisierung und Dezentralisierung“ zu beschleunigen. Die Voraussetzungen dafür seien bereits geschaffen: „Technologisch sind wir in Deutschland Weltklasse. Wir haben viele neue, clevere und innovative Anwendungen – das Projekt ‚Advanced Battery Storage‘ ist eines davon.“