[KLU] – Das Forschungsprojekt „CargoSurfer“ schafft Perspektiven für den ländlichen Raum: freie Kapazitäten des Öffentlichen Personennahverkehrs für den Transport von Gütern nutzen – für Pakete ebenso wie für frische regionale Produkte.
Das könnte gleich zwei Strukturprobleme im ländlichen Raum lösen: Einerseits bleiben viele Sitzreihen in Bussen und Regionalbahnen oft leer, sodass immer wieder Linien eingestellt werden. Andererseits besteht gerade abseits der Städte Bedarf für funktionierende Lieferketten, zum Beispiel für Bestellungen aus dem Online-Handel. Im Idealfall reduziert das Verkehr und Emissionen, spart Kosten und steigert die Effizienz des Transportverkehrs. „Fracht im öffentlichen Nahverkehr mitzunehmen funktioniert aber nur, wenn alles lückenlos überwacht wird und zuverlässig ankommt“, erklärt Dr. André Ludwig, Professor für Informatik in der Logistik an der Kühne Logistics University in Hamburg.
Die Fracht denkt mit
„Wir nutzen Techniken der künstlichen Intelligenz, um Fracht ‚intelligent‘ zu machen“, beschreibt Ludwig die Aufgabe der KLU im Projektverbund. Treten während der Fahrt Probleme auf, wie zum Beispiel ein Stau oder Verspätungen der Bahn, werden diese eigenständig von der Fracht erkannt und die passende Reaktion ausgelöst. „Unsere Software fährt quasi als virtueller Paketkurier mit. Durch künstliche Intelligenz erkennt sie, ob der Anschluss erreicht wird. Wenn nicht, werden alle Beteiligten rechtzeitig informiert und ein neuer Transportplan erstellt“, erklärt Ludwig.
Das Bundesministerium für Digitalisierung und Verkehr (BMDV) fördert das Vorhaben über eine Dauer von drei Jahren im Rahmen der Forschungsinitiative „mFUND“ mit insgesamt rund 2,7 Mio. Euro. Geleitet wird das Projekt von der LaLoG LandLogistik GmbH.
Praxistest in Hessen
Bis sich die ersten Güter auf die Reise machen, ist eine umfassende Analyse notwendig. Wie wahrscheinlich tritt an einem bestimmten Tag eine Störung auf? Welche Faktoren haben Einfluss auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit? Welche Transportalternativen gibt es?
Rund ein Jahr lang wird die Entwicklung der Software voraussichtlich in Anspruch nehmen, ehe das System in der Praxis erprobt werden kann und die ersten intelligenten Pakete sich in Hessen auf den Weg machen. Dabei greift man auf eine bereits markterprobte Anwendung im Bedarfsverkehr der Trapeze Group Deutschland GmbH zurück, die nun für das Gütermitnahmesystem aufgerüstet wird. Als regionale Logistik-Partner konnten dafür die cantus Verkehrsgesellschaft mbH und Regionalverkehr Main-Kinzig GmbH gewonnen werden. „Sobald die ersten Pakete unterwegs sind, verbessern wir das System kontinuierlich mit den Daten aus der Praxis“, erklärt Ludwig.