Zum Vorschlag einer europäischen Beimischungsquote für alternative Kraftstoffe
Wir begrüßen, dass die Kommission mit ihrem Vorschlag ein klares Bekenntnis zur Förderung alternativer Kraftstoffe und vor allem zu nachhaltigem synthetischen Kraftstoff auf Basis erneuerbarer Energien abgibt. Der Systemwechsel vom fossilen Kerosin hin zu nachhaltigen Kraftstoffen ist das wichtigste Instrument auf dem Weg zum CO2-neutralen Fliegen.
Damit der Systemwechsel gelingt, müssen jedoch zwei Bedingungen erfüllt sein: Zum einen müssen die Kraftstoffe in ausreichender Menge produziert werden und zum anderen braucht es vor dem Hintergrund der deutlich höheren Kosten Regelungen für einen raschen und für alle Marktteilnehmer fairen Markthochlauf. Hierbei können auch Beimischungsquoten eine Rolle spielen. Wirksam für den Klimaschutz sind diese allerdings nur dann, wenn sie wettbewerbsneutral eingeführt werden. In Deutschland ist es im Schulterschluss von Bund, Ländern und Industrie gelungen, eine Power-to-Liquid-Roadmap für den Markthochlauf von strombasierten Kraftstoffen zu vereinbaren. Darin sichert der deutsche Staat zu, dass den Fluggesellschaften durch die Vereinbarung von Mindestabnahmen keine Wettbewerbsnachteile entstehen sollen.
Die Europäische Kommission schlägt nun eine europaweit geltende Quote für alternative Kraftstoffe und eine Unterquote speziell für Power-to-Liquid-Kraftstoffe vor. Das ist gut und richtig. Dafür braucht es auch auf europäischer Ebene einen wettbewerbsneutralisierenden Mechanismus zur Finanzierung, damit ambitionierte Quotenregelungen keine wirtschaftlichen Verwerfungen und Carbon Leakage zur Folge haben. In dem jetzt vorliegenden Vorschlag ist dies nicht gewährleistet: Auf der Verbindung von Hamburg über München nach Bangkok muss eine europäische Fluggesellschaft für drei Flüge den deutlich teureren Treibstoff einkaufen (Hamburg-München, München-Bangkok und München-Hamburg auf der Rückreise), während z.B. eine türkische Fluggesellschaft nur für den Flug Hamburg-Istanbul den teureren Treibstoff einkaufen müsste und die Tankmenge in der Union auch noch reduzieren könnte, indem sie auf dem Hinflug nach Deutschland billigeres herkömmliches Kerosin mitführt (sogenanntes Tankering). Der Vorschlag der EU-Kommission, ein solches Tankering durch eine Mindesttankmenge in der Europäischen Union zu unterbinden, wirft die Frage auf, wie dies politisch und rechtlich gegenüber Drittstaaten und ihren Fluggesellschaften umgesetzt werden soll.
Aus rein praktischen Gründen kann es zu Beginn des Markthochlaufs erforderlich sein, den alternativen Flugkraftstoff nur dort anzubieten, wo er auch tatsächlich vertankt werden kann und dies durch ein EU-weites Verrechnungssystem (Book & Claim-System) zu verbuchen. Dies sieht der Kommissionsvorschlag bislang nicht vor, sollte aber im Sinne einer erfolgreichen Einführung der alternativen Kraftstoffe noch ergänzt werden.
Zum Vorschlag einer europäischen Kerosinsteuer
Mit dem Europäischen Emissionshandel, der internationalen Klimaschutzabgabe CORSIA und nationalen Ticketabgaben wie der deutschen Luftverkehrsteuer wird CO2 im Luftverkehr bereits umfassend bepreist. Eine zusätzlich erhobene europäische Kerosinsteuer, deren Mindestbeträge nochmals angehoben wurden, hätte im Interkontinentalverkehr massive Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der europäischen Unternehmen zur Folge: Da lediglich Flüge innerhalb der EU besteuert würden, müssten europäische Fluggesellschaften für Zubringerflüge in ihre Luftverkehrsdrehkreuze Kerosinsteuer zahlen (also für den Flug Hamburg-München), nicht-europäische Fluggesellschaften müssten dies für Zubringer in ihre Drehkreuzflughäfen nicht (also für den Flug Hamburg-Istanbul) und könnten ihre Flugverbindungen billiger anbieten: Aufgrund des starken Wettbewerbs würde die Steuer Emissionen im Umsteigerverkehr nicht reduzieren, sondern lediglich verschieben (Carbon Leakage). Die geplante stufenweise Einführung verhindert leider nicht diese wesentliche Wettbewerbsverzerrung.
Hinzu kommt: Die Einnahmen aus einer Kerosinsteuer können nicht zweckgebunden eingesetzt werden, daher entzieht die Steuer den europäischen Unternehmen die Finanzmittel, die sie für Investitionen in die ökologische Flottenerneuerung benötigen. Falls die Pläne so umgesetzt werden, dann existieren mit dem Europäischen Emissionshandel, CORSIA, nationalen Ticketsteuern und der angedachten Kerosinsteuer gleich vier Instrumente für die CO2-Bepreisung im Luftverkehr. Diese stehen weitgehend unverbunden nebeneinander und sind nicht aufeinander abgestimmt. Zudem werden die Einnahmen aus diesen Instrumenten nicht gezielt für Investitionen für die ökologische Modernisierung des Luftverkehrs aufgewandt.
Zum Vorschlag der Verschärfung des Europäischen Emissionshandels
Als marktbasiertes System ist der Emissionshandel grundsätzlich ein geeignetes Mittel, um CO2-Emissionen verlässlich zu reduzieren. Der innereuropäische Luftverkehr ist bereits seit 2012 in den Europäischen Emissionshandel einbezogen. Mit dem Instrument wird der CO2-Ausstoß der einbezogenen Sektoren kontinuierlich abgesenkt.
Doch schon in der jetzigen Form benachteiligt der Emissionshandel die europäischen Fluggesellschaften: Innereuropäische Zubringerflüge (also der Flug Hamburg-München auf der Umsteigeverbindung nach Bangkok) werden verteuert, während Zubringerverbindungen zu Drehkreuzen in Drittstaaten nicht einbezogen sind (etwa der Flug Hamburg- Istanbul auf der Umsteigeverbindung nach Bangkok). Der Kommissionsvorschlag, die frei zugeteilten Zertifikate im Luftverkehr nun bis 2026 schrittweise zu streichen. Um dies abzumildern, sollten Mehrbelastungen im Umsteigeverkehr, die aus dem rein europäischen Geltungsbereich des Emissionshandels erwachsen, stattdessen ausgeglichen werden.
Die deutsche Luftverkehrswirtschaft begrüßt, dass der Vorschlag eine Regelung umfasst, die eine Doppelbelastung durch das globale Kompensationsinstrument CORSIA und den Europäischen Emissionshandel ausschließen soll. Für Flüge innerhalb der Union soll der Emissionshandel gelten, für Flüge mit Drittstaaten soll CORSIA gelten.
Die Erfahrung zeigt, dass neue Steuern und Abgaben extreme Billigpreise im Luftverkehr nicht verhindern. Die deutsche Luftverkehrswirtschaft teilt die Auffassung, dass Ticketpreise von zum Beispiel 9,99 Euro weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll sind. Schließlich brauchen die Fluggesellschaften Gewinne für Investitionen in die ökologische Erneuerung der Flugzeugflotten. Wer solche Billigpreise verhindern will, erreicht dies aber nicht durch neue Steuern und Abgaben, sondern muss stattdessen regulierend in die Preisfestsetzung eingreifen – zum Beispiel so, wie es die Bundesregierung in den Eckpunkten zum Klimaschutzprogramm 2030 im Oktober 2019 eigentlich beschlossen, aber nicht umgesetzt hat.
Hierzu BDL-Präsident Gerber: „Flugreisen, die nur aufgrund extremer Billigstpreise angetreten werden, sind nicht im Sinne des Klimaschutzes. Um solche Preise zu unterbinden, braucht es keine neuen wettbewerbsverzerrenden Steuern und Abgaben, sondern eine Anti-Dumping-Regelung auf europäischer Ebene. Flugtickets sollten nicht zu einem Preis unterhalb der anwendbaren Steuern, Zuschläge, Entgelte und Gebühren verkauft werden dürfen.“
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) wurde 2010 als gemeinsame Interessenvertretung der deutschen Luftverkehrswirtschaft gegründet. Mitglieder des Verbandes sind Fluggesellschaften, Flughäfen, die DFS Deutsche Flugsicherung, Retail-Betriebe und weitere Leistungsanbieter im deutschen Luftverkehr.