[ISL] –„Wie können digitale Technologien dabei helfen, die Transportketten in der Binnenschifffahrt effizienter und planbarer zu gestalten?“ Dieser Frage folgt das Team von „Binntelligent“, einem Forschungsvorhaben, das im Programm IHATEC – Innovative Hafentechnologien durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefördert wird. Nach der Hälfte der insgesamt 36-monatigen Laufzeit ziehen die Projektverantwortlichen nun eine Halbzeitbilanz.
Die gesamte Transportkette soll profitieren
Auf Grundlage einer umfangreichen Prozess- und Anforderungsanalyse sowie eines gemeinsamen Ideenworkshops wurden zu Beginn des Projektes das Optimierungspotenzial für Containerverkehre in der Binnenschifffahrt untersucht und Lösungsansätze konzipiert. „Die Philosophie, die unsere technologischen Konzepte miteinander verbindet, ist Kooperation. Wir wollen Lösungen entwickeln, die für eine Vielzahl von Prozessbeteiligten einen Nutzen bieten“, erklärt Projektleiter Arne Gehlhaar vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik.
So arbeiten die Forscher derzeit an einer Plattform, die eine effiziente Koordination zwischen Binnenhäfen und -reedereien bei der Planung von Schiffsanläufen ermöglicht. „Mit unserer Lösung können Binnenreeder ihre Reisedaten digital mit den Häfen austauschen und gemeinsam eine geplante Abfertigungszeit bestimmen. Das macht den bisherigen Prozess transparenter und sichert eine verbesserte Planungsgrundlage für beide Parteien“, erläutert Karin Steffen-Witt (dbh Logistics IT AG) die Vorteile der Plattform.
Eine wichtige Komponente sind dabei KI-basierte Ankunftsprognosen, die unter anderem auf Grundlage von aktuellen Schiffspositionen berechnet werden: „Die Untersuchungen zeigen bereits vielversprechende Vorhersageergebnisse“, so Aaron Heuermann vom Bremer Institut für Produktion und Logistik (BIBA). Infrastrukturelle Aspekte wie eingeschränkte AIS-Abdeckung auf einzelnen Streckenabschnitten sowie fehlende Informationen zur Schleusenrangfolge konnten dabei bereits als besondere Herausforderung identifiziert werden.
Die Vorteile der Ankunftsvorhersagen liegen nach Ansicht von Jens Hohls, Geschäftsführer der Hafenbetriebsgesellschaft Braunschweig, auf der Hand: „Genauere Ankunftsprognosen erleichtern nicht nur die Planung der Schiffsreisen, sondern ermöglichen den Binnenhäfen auch proaktivere Entscheidungen in der Umschlagsplanung.“
Strategisch sollen die Akteure zukünftig durch die Verwendung von Simulationstechniken unterstützt werden. Im Rahmen des Projektes wird derzeit ein Simulationsmodell entwickelt, welches die Analyse verschiedener Transportstrategien, wie beispielsweise veränderte Linienkonzepte, ermöglicht. „Wir erhoffen uns durch Simulation auch die Möglichkeit, unsere infrastrukturellen Anforderungen besser begründen zu können, beispielsweise wenn es um die begrenzten Schleusenöffnungszeiten an Sonntagen an der Mittelweser geht“, erläutert Cordula Radtke, die sich bei der modal 3 Logistik GmbH für die Binnenschiffsverkehre auf der Mittelweser verantwortlich zeichnet.
Vom Labor in die Praxis
Während die technologischen Ansätze im bisherigen Projektverlauf bereits erfolgreich unter Laborbedingungen erprobt wurden, soll nun im Feldtest die Praxistauglichkeit der Konzepte unter Beweis gestellt werden. Zum Ende des Jahres möchte das Projektteam seine Ergebnisse mit weiteren Akteuren aus der Branche diskutieren. „Die Inputs von außen werden besonders wichtig sein, um eine Übertragbarkeit unserer Lösungen auf andere Anwendungsfelder – wie beispielsweise auf den Schüttgutbereich – zu ermöglichen“, so Gehlhaar.
Über das Projekt
Das Projekt Binntelligent wird im Rahmen der Initiative innovative Hafentechnologien (IHATEC) vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert. Neben dem Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) sind das Bremer Institut für Produktion und Logistik GmbH (BIBA), die dbh Logistics IT AG, die Hafen Hannover GmbH, die Hafenbetriebsgesellschaft Braunschweig mbH sowie die modal 3 Logistik GmbH am Projekt beteiligt. Daneben erfährt „Binntelligent“ durch weitere namhafte Partner aus der Logistik- und Hafenwirtschaft sowie der Politik eine breite Unterstützung. Projektlaufzeit: 01.10.2018 – 30.09.2021