Technologie

Mobility inside wird eingestellt – Vernetzungsinitiative gescheitert

Mobility inside wird eingestellt – Vernetzungsinitiative gescheitert
Tram Frankfurt.
Bild: Jens Birner pixabay

Deutschlandweite Verbindung­sauskunft zu Bus und Bahn gescheitert

[RMV] – Verzicht auf gemeinsame Branchenplattform: Große Einsparpotenziale in Deutschlands Nahverkehr bleiben ungenutzt, RMV und NVV bauen ihre Kooperation auf Erfahrungen und Technik von Mobility inside aus.

Die Mobility-inside-Gesellschafterversammlung hat am 4. Dezember 2023 beschlossen, die Geschäfts­tätigkeit einzustellen. Die Mobility-inside-Apps werden zum 31. März 2024 eingestellt. Mobility inside war die digitale Vernetzungs­initiative der öffentlichen Verkehrsbranche und hatte zum Ziel, über eine einzige Plattform gebündelt Fahrplan- und Tarifdaten von Bus- und Bahnunternehmen sowie die Buchung von Sharing-Angeboten und On-Demand-Verkehren als auch weitere Mobilitäts­dienst­leis­tungen den Fahrgästen regions­über­greifend zur Verfügung zu stellen: Informieren, Buchen, Bezahlen, Fahren durchgehend von Start bis Ziel. Für Gelegen­heits­fahrende mit der Kombination der jeweiligen regionalen Tarife und seit Frühsommer deutschlandweit mit dem Deutschland-Ticket.

Mit vielen teilnehmenden und über einen Letter of Intend interessierten Unternehmen hatte Mobility inside dieses Ziel schon weitgehend erreicht und zudem auch einen bundesweiten Vertrieb realisiert und die Digitalisierung zahlreicher Unternehmen und deren Tarife in die Wege geleitet. Die nächsten Schritte waren vorbereitet und sollten mit der Integration des DB-Fernverkehrs-Tarif 2024 ihren nächsten Höhepunkt erreichen.

Keine bundesweite Plattform für das Deutschland-Ticket 
Anlass der Beschlussfassung der Mobility-inside-Gesellschafter ist die Entscheidung von Bund und Ländern im Rahmen der länderoffenen Arbeitsgruppe, für das Deutschland-Ticket keine bundesweite Plattform zu wünschen und zu unterstützen. Dies, obwohl es für eine künftige Aufteilung der Einnahmen aus dem Deutschland-Ticket eines ent­sprechen­den Hintergrundsystems bedarf.

„Angesichts dieser Rahmenbedingungen war der RMV mit einigen weiteren Partnern in der Beschluss­fassung der Gesell­schafter unterlegen und musste dabei leider auch zur Kenntnis nehmen, dass mit den Stadt­werken München und der Deutschen Bahn auch die zwei mit dem RMV größten Gesellschafter das Projekt haben fallen lassen. Ich halte das für einen großen Fehler, da das angesichts permanenter Kosten­steiger­ungen schmaler gewordene finanzielle Budget für den ÖPNV nach effizienter Zusammenarbeit und Kooperation und dem Heben von Synergien schreit. Die Entscheidung zementiert in Bezug auf Apps und Hinter­grund­systeme die klassischen, aus Sicht der Fahrgäste längst überholten Anbietergrenzen einzelner Verkehrsunternehmen oder Verbünde. Offen­sicht­lich ist unsere Branche noch immer nicht bereit, Einzelinteressen und Egoismen hinter die Einfachheit für die Fahrgäste zu stellen“, so Prof. Knut Ringat, RMV-Geschäftsführer und bisher Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Mobility inside Holding.

Teilweise keine andere als die bisherige eigene Lösung gewünscht
Ringat weiter: „Mit Bedauern stelle ich fest, dass es auch das Deutschland-Ticket bisher nicht schafft, die zersplitterte ÖPNV-Branche mit unzähligen Tarifen im Interesse der Fahrgäste zusammen zu führen. Im Gegenteil nehme ich wahr, dass teilweise gar keine andere als die bisherige eigene Lösung gewünscht ist. Die vorherrschende sehr große Vielfalt ist nicht nur teuer und überlastet derzeit die Kapazitäten der IT-Systemhäuser, sondern verunsichert Fahrgäste, die einheitliche Regeln zur Mitnahme von Personen, Hunden oder Kindern wünschen. Alleine im RMV-Gebiet sparen wir, indem es eine zentrale Verbund-App, statt zig Eigenentwicklungen der lokalen Anbieter gibt, jährlich mehr als 60 Millionen Euro. Deutschlandweit skaliert betrachtet ist also noch viel Luft nach oben. Hinzu kämen Potenziale durch eine bessere einheitliche Vermarktung des Deutschland-Tickets oder mehr Fahrgäste, indem endlich deutschlandweit nahtlos Mobilität per App angeboten wird.“

Hessenweite Vernetzung setzt auf Mobility inside auf
„Das Deutschland-Ticket zeigt, dass unsere Fahrgäste einerseits zwar exakt auf die Region zugeschnittene Fahrplanangebote wollen, andererseits aber auch deutschlandweite Einheitlichkeit bei den Tickets und deren Verkauf wünschen. Diesen Ansprüchen unserer Fahrgäste zu Tickets und Verkauf müssen wir durch gemeinsame Lösungen der ÖPNV-Branche gerecht werden. Mobility inside war ein solch auf Kooperation und Fairness setzendes Projekt der ÖPNV-Branche und ich bedauere sehr, dass das gescheitert ist. Für uns ist klar, dass wir hessenweit mit dem RMV weiter kooperieren, aber wir sind dabei offen für alle in der ÖPNV-Branche, die sich uns anschließen wollen“, so NVV-Geschäftsführer Wolfgang Rausch.

„Als maßgeblicher Gesellschafter haben wir Mobility inside unterstützt und wir hätten uns gewünscht, dass insgesamt mehr Weitblick herrscht. Aber ich freue mich, dass wir mit Mobility inside im RMV enormes Knowhow in Hessen bei der Digitalisierung aufgebaut haben und wir auf diesem nun die hessische Vernetzung weiter ausbauen können“, so Prof. Ringat. „Wir werden das erreichte Knowhow durch die Übernahme von Beschäf­tig­ten aber auch IT-Entwicklungen nun für eine Kooperation von NVV und RMV nutzen und weiterentwickeln. Dies bietet zudem die Möglichkeit später mit den Partnern, die über ihre eigenen Apps und Partikularinteressen hinausdenken, dort anzusetzen, wo jetzt Mobility inside endet und die Kunden nun leider noch länger auf uns warten müssen.“


Hintergrund
Seit April 2022 war die Mobility-inside-App in den Stores, welche die deutschlandweite Verbindungsauskunft zu Bus und Bahn und sechs direkt buchbare ÖPNV-Tarife umfasste sowie schrittweise bspw. durch die Buchung des DB-Nah- und Fernverkehrstarif oder von Sharing-Angeboten erweitert werden sollte. Getragen wurde Mobility inside neben den großen Gesellschaftern DB, SWM und RMV von zwölf weiteren Gesellschaftern aus ganz Deutschland.