Eine kabellose Ladetechnologie für Elektroautos mit einer Leistung von über 10 kW haben Ingenieure des Niedersächsischen Forschungszentrums für Fahrzeugtechnik (NFF) der Technischen Universität Braunschweig entwickelt. Mit der induktiven Ladetechnologie können PKW so schnell aufgeladen werden wie bisher nur mit sogenannten Schnellladesäulen. Getestet wird die Technologie mit den „emilia“-Forschungsfahrzeugen in Zusammenarbeit mit der Braunschweiger Verkehrs-GmbH. Sie gehen dabei als Taxis in den Praxistest und werden auf den Stationen der „emil“-Elektrobusse induktiv geladen.
„Die von uns entwickelte induktive Ladetechnologie ist ein wichtiger Schritt für die Verbindung von Elektromobilität und automatisiertem Fahren“, erklärt Prof. Markus Henke, Vorstandsmitglied des Niedersächsischen Forschungszentrums für Fahrzeugtechnik (NFF) der TU Braunschweig. „Schnelles und unkompliziertes Laden kann der Elektromobilität zu mehr Nutzerakzeptanz verhelfen“, ergänzt Prof. Bernd Engel, Leiter des Instituts für Hochspannungstechnik und Elektrische Energieanlagen (elenia) der TU Braunschweig.
Aufgabe der Braunschweiger Ingenieure war, eine induktive Ladetechnologie für Elektroautos im Taxi- und Lieferverkehr zu entwickeln und dabei die vorhandene Ladeinfrastruktur der „emil“-Elektrobusse zu nutzen. Nach zwei Jahren Entwicklungszeit kann das Forschungsteam nun einen Erfolg vermelden: Die induktive Ladetechnologie der „emil“-Elektrobusse lässt sich so nutzen, dass künftig auch PKW auf den „emil“-Ladestationen kabellos geladen werden können. Vorerst werden die Versuchsfahrzeuge mit einer Leistung im Bereich von 10 bis 20 kW auf einer Ladestation im NFF-Technikum geladen.
Ladetechnologie auch für andere Fahrzeugmodelle nutzbar
Gelungen ist dies den Ingenieuren mit nur geringen Eingriffen in die „emilia“-Fahrzeuge, was bedeutet, dass das Verfahren auch auf andere Fahrzeugmodelle übertragen werden kann. Im Einzelnen entwickelten die Ingenieure spezielle Induktivaufnehmer, so genannte „Pickups“, die unter das Fahrzeug verbaut wurden und die – anders als beim „emil“-Elektrobus – zum Laden nicht abgesenkt werden. Damit der Ladevorgang gestartet und beendet werden kann, kommuniziert das Fahrzeug (wie der „emil“-Bus) drahtlos mit der Ladestation – ein Aspekt, der in Zukunft vor allem für automatisiertes Fahren wichtig werde, erklärt Elektroingenieur Tim-Hendrik Dietrich.
Auch beim Aufbau des Induktivladesystems im Fahrzeug war einiges zu tun: Entwickelt haben die Ingenieure unter anderem eine eigene Leistungselektronik und ein eigenes CAN-Protokoll. Über eine Umschalteinrichtung kann zwischen den verschiedenen Ladearten, mit und ohne Kabel, gewechselt werden.
Zum Schaufenster-Projekt „emil“ und „emilia“
Das Verbundprojekt „Elektromobilität mittels induktiver Ladung“ (emil) beschäftigt sich im Rahmen des Niedersächsischen Schaufensters Elektromobilität, gefördert durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, seit Juli 2011 mit der Erforschung, Entwicklung und praktischen Umsetzung von induktiver Ladetechnologie für den Einsatz in Elektrobussen im Linienverkehr. Gemeinsam mit dem Industriepartner Bombardier gelang es, unter der Leitung der Braunschweiger Verkehrs-GmbH, dem Institut für Hochspannungstechnik und Elektrische Energieanlagen (elenia), dem Institut für Elektrische Maschinen, Antriebe und Bahnen (IMAB) sowie dem Institut für Verkehrssicherheit und Automatisierungstechnik (iVA) der TU Braunschweig und BS | Energy im März 2014 den ersten induktiv-ladenden Elektrobus „emil“ in den Linienverkehr zu bringen. Bereits vor Ablauf der ersten Projektphase wurde das Verbundprojekt als „Induktives Laden für Bus und Taxi in Braunschweig“ erweitert und unter dem Namen „Elektromobilität mittels induktiver Ladung im Auto“ (emilia) bis Mitte 2016 fortgeführt.
Weitere Informationen:
- TU Braunschweig, Institut für Hochspannungstechnik und Elektrische Energieanlagen (elenia)
- Braunschweiger Verkehrs-AG