Technologie: Projekte

C3-Mobility: Flottentest mit 46.000 Liter E-Fuel

C3-Mobility: Verbundprojekt mit 46.000 Liter E-Fuel im Test
Testflotte. © FEV

[CAC] Internationale Automobil- und Motorradhersteller sowie Entwicklungsdienstleister wie FEV bescheinigen dem synthetischen Benzin der Chemieanlagenbau Chemnitz (CAC), eine 100-prozentige Kompatibilität mit der bestehenden Fahrzeugflotte. Das heißt, jedes Fahrzeug mit Benzin- bzw. Ottomotor kann klimafreundlich gefahren werden. Die Technologie zur Herstellung dieses E-Fuels für das Verbundprojekt C3-Mobility wurde von CAC mit Unterstützung durch die TU Bergakademie Freiberg entwickelt, als Europas größte Versuchsanlage 2009 umgesetzt und ist bereit für die Großproduktion – politische Weichenstellungen vorausgesetzt.

Das Fazit der Kraftfahrzeughersteller und der Entwicklungsdienstleister basiert auf den Ergebnissen des Verbundprojektes „Closed Carbon Cycle Mobility“, kurz C3-Mobility, welches Ende 2021 abgeschlossen wurde. Es hatte zum Ziel, klimaneutrale Kraftstoffe für die Mobilität von morgen zu entwickeln. CAC ist, auf Basis langjähriger Zusammenarbeit mit der TU Bergakademie Freiberg, der Technologiegeber für die Benzinsynthese im Projekt. Ausgehend von Methanol, das u. a. aus Kohlendioxid (CO2) und „grünem“ Wasserstoff (H2) hergestellt wird, hat CAC den patentierten Prozess, der ohne fossile Rohstoffe auskommt, entwickelt.

Mit der Großversuchsanlage an der TU Bergakademie Freiberg wurden im Rahmen des C3-Mobility-Projektes etwa 46.000 Liter synthetisches Benzin produziert und den Automobilherstellern für Motoren- und Flottentests zur Verfügung gestellt. Hierbei kam grünes Methanol biogenen Ursprungs zum Einsatz und wurde im patentierten, marktreifen Prozess in Benzin umgewandelt.

Die Ergebnisse der C3-Mobility-Projektpartner fielen durchweg positiv aus und wurden auf der Abschlussveranstaltung des Projektes veröffentlicht. In allen Eigenschaften, wie etwa Materialverträglichkeit, CO2-Emissionen und Verbrauch, ist das synthetische dem fossilen Benzin gleichwertig – bei der Oxidationsstabilität sowie den Partikelemissionen sogar vorteilhafter. Das drop-in-fähige synthetische Benzin erfüllt als E10-Blend die Anforderungen der Norm DIN EN 228, ist nach REACH registriert und kann den konventionellen fossilen Kraftstoff direkt ersetzen oder ihm beigemischt werden – ohne technische Anpassungen am Fahrzeug. „Die Bestätigung der Projektpartner ist ein großer Erfolg für unsere Technologie, denn Klimaschutz braucht Technologieoffenheit“, erklärt Jörg Engelmann, Geschäftsführer der CAC.

„Die Etablierung dieses Benzinsyntheseverfahrens ist ein wichtiger Schritt, mithilfe von elektrischer Energie Kohlenstoffkreisläufe zu schließen. So lässt sich regenerativ erzeugter Strom in einem langzeitstabilen, CO2-neutralen Kraftstoff speichern, der auch in sonnen- und windarmen Zeiten und Regionen zur Verfügung gestellt werden kann“, so Prof. Martin Gräbner, Direktor des Instituts für Energieverfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen (IEC) der TU Bergakademie Freiberg.

C3-Mobility: Verbundprojekt mit 46.000 Liter E-Fuel im Test

Synfuel in der Flasche. © CAC

Ohne Umrüstaufwand in den Bestandsflotten rückwärtskompatibel
Die Vorteile an synthetisch hergestellten Kraftstoffen sind neben dem Hauptziel der Reduzierung von CO2-Emissionen, dass E-Fuels kompatibel sind für die PKW-Bestandsflotte (1,2 Mrd. weltweit) sowie für Land- und Baumaschinen und Notstromaggregate genutzt werden können – das zeigte C3-Mobility deutlich. Sie können flächendeckend über das bestehende Tankstellennetz zur Verfügung gestellt werden und sind speicher- sowie transportfähig.

„Wir müssen schnell handeln, denn die Bestandsflotte zu erneuern, dauert in Deutschland etwa 18 Jahre, in Märkten wie beispielsweise Griechenland sogar über 20. Wir brauchen daher einen regenerativen Kraftstoff, der sich ohne Umrüstaufwände in den Bestandsflotten rückwärtskompatibel einsetzen lässt“, so Dr. Norbert Alt, Geschäftsführer und COO der FEV Group GmbH.

Um große Mengen an regenerativ gewonnenem Strom zur Verfügung zu stellen, welchen Deutschland und Europa für Industrie, Transport, Privathaushalte etc. für den Energiewandel benötigen, wird Import aus energiebegünstigten Ländern notwendig sein. Umgewandelt in synthetische Kraftstoffe bzw. deren Rohstoffe Wasserstoff und Methanol ist „grüner“ Strom in großen Mengen auch in Deutschland und Europa nutzbar.

Auch die Luftfahrt sucht Alternativen zum fossilen Kerosin, an denen CAC und die TU Bergakademie Freiberg bereits gemeinsam forschen. Der Internationale Luftfahrtverband IATA hat Meilensteine für den Weg hin zu einem klimaneutralen Flugverkehr beschlossen. 2030 sollen alternative Kraftstoffe 5 Prozent des globalen Bedarfs decken, 2035 bereits 17 Prozent und 2040 rund 40 Prozent. „Es geht um gewaltige Mengen. Allein die Planung und der Bau entsprechender Anlagen dauert in der Regel mindestens fünf Jahre. Hier ist Tempo gefragt und dafür brauchen wir die Rückendeckung der Politik“, so Engelmann.

Synthetische Kraftstoffe aus Wasser, CO2 und grünem Strom
Allgemein ist die Thematik auch bekannt unter dem Namen Power-to-X – also sinngemäß etwa „Strom zu etwas“. Das X kann dabei vieles sein: Neben Benzin lassen sich auch Diesel, Kerosin, Methanol, Ammoniak, Gas oder Flüssiggas aus CO2 und Wasser herstellen. Alles, was man braucht, sind elektrischer Strom und verschiedene Katalysatoren.

Kohlendioxid, hochkonzentriert aus Industrieabgasen oder aus der Luft als Ausgangsstoff für die Herstellung von synthetischem Benzin zu verwenden, ist ein aussichtsreicher Weg für die Anwendung der CAC-Technologie und ermöglicht die Kreislaufführung des Kohlendioxids. CO2 für die Kraftstoffherstellung zu verwenden, macht aus einem unerwünschten Nebenprodukt ein begehrtes Gut. Industrieunternehmen mit einem hohen CO2-Ausstoß bräuchten das Kohlendioxid gar nicht erst in die Umwelt abzugeben, sondern könnten es gleich als Rohstoff in den Kreislauf zur Kraftstoffgewinnung einleiten. Die CO2-Einsparung ließe sich mit Emissionszertifikaten verrechnen – die gesetzlichen Grundlagen vorausgesetzt. Der zusätzlich notwendige Wasserstoff wird im Elektrolyseverfahren aus Wasser gewonnen, idealerweise mit Strom aus nachhaltigen Energiequellen.

Zusammenarbeit CAC und Technische Universität Bergakademie Freiberg
CAC und das IEC der Technischen Universität Bergakademie Freiberg arbeiten auf dem Gebiet Power-to-X eng zusammen. Bereits 2008 wurde die erste Kooperationsvereinbarung geschlossen. Dabei stehen Verbundforschungsprojekte, aber auch bilaterale Entwicklungen im Vordergrund.

Die Technische Universität Bergakademie Freiberg bringt sich mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Kohlenwasserstoffsynthesen und der angewandten Forschung bis zum Demonstrationsmaßstab ein. Zudem stellt sie mit ihrer einmaligen Infrastruktur die Basis für eine großmaßstäbliche Erzeugung und die Analytik der Produkte.

CAC bringt langjährige Kompetenz als Engineeringunternehmen für die Planung und Umsetzung von komplexen Chemieanlagen ein. Die Demonstrationsanlage für synthetisches Benzin wurde 2009 als bundesweit erste und bislang größte ihrer Art auf Basis von Laborergebnissen errichtet. In den folgenden Jahren hat CAC mit eigenen Mitteln sowie im Rahmen mehrerer geförderter Forschungsprojekte, unter anderem mit dem IEC, die Entwicklung weiter vorangetrieben, die Technologie patentiert und für die marktreife Großproduktion vorbereitet.

Die Forschungskooperation wird seit 2017 auch in dem Projekt KEROSyN100 fortgeführt. Sieben Projektpartner aus Forschung und Industrie arbeiten zusammen, um strom- und methanolbasiertes Kerosin einer Markteinführung anzunähern. Zu diesem Zweck wird die erste Power-to-Liquid-Anlage zur Herstellung von synthetischem Kerosin über die Methanol-Route entwickelt. Die Umsetzung einer entsprechenden Demonstrationsanlage ist an der Raffinerie Heide in Schleswig-Holstein vorgesehen.