Infrastruktur: Projekte

Neue Wegführung am Flughafen Zürich simuliert

Test der neuen Wegführung
Test der neuen Wegführung am Apron- und Tower-Simulator der DLR. Foto: DLR

Neuer Rollweg soll häufiges Kreuzen einer Start- und Landebahn vermeiden

Der Flughafen Zürich wird von einer aktiven Start- und Landebahn in zwei Bereiche geteilt – ein kritische Wegführung. Denn diese zentral gelegene Bahn muss von einem Großteil der ankommenden und abfliegenden Flugzeuge gekreuzt werden.

Test der neuen Wegführung am Apron- und Tower-Simulator des DLR. Quelle: DLR

Mit dem Projekt „Umrollung Piste 28“ soll die Anzahl der Kreuzungen deutlich reduziert und die Sicherheit weiter erhöht werden, indem die Flugzeuge einen neuen Rollweg östlich der Start- und Landebahn nutzen. Doch kann solch ein neuer Weg auch problemlos betrieben werden und wie lassen sich die Betriebsverfahren möglichst optimieren? Um diese Fragen zu untersuchen, hat der Flughafen Zürich das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt. Im Rahmen der Studie konnten Fluglotsen aus Zürich im November und Dezember 2016 den neuen Rollweg virtuell beim DLR testen.

Den Flughafen von morgen schon heute testen

Möglich macht die Untersuchungen der Apron- und Tower-Simulator (ATS) am DLR-Institut für Flugführung in Braunschweig, der Teil des Validierungszentrums Luftverkehr ist. Dort kann der Flughafenaufbau für morgen schon heute dargestellt werden. Der Lotse sitzt während der Simulation wie in der Realität an seinem Arbeitsplatz und kann die Luftfahrzeuge gemäß der realen Betriebsverfahren lotsen und die betrieblichen Abläufe koordinieren.

„In der Machbarkeitsstudie haben wir den Tower und Apron Lotsen aus Zürich ein möglichst realitätsnahes Abbild der neuen Rollwegsituation zur Verfügung gestellt und so die damit einhergehenden Änderungen in der Rollverkehrsführung erlebbar gemacht“, sagt Ronny Scharf,  Projektleiter vom Flughafen Zürich. „Dabei standen Aspekte wie der erweiterte Zuständigkeitsbereich oder eine möglichst handhabbare Anpassung der Rollanweisungen im Fokus. Ebenso war die Frage, wie betriebliche Sondersituationen im neuen Vorfeldlayout abgearbeitet werden können.“

Ablaufsimulation

Ablaufsimulation am Apron- und Tower-Simulator der DLR. Foto: DLR

Lotsen und Simulationspiloten testen die Wegführung

Im ATS werden für die virtuelle Darstellung des Flughafens hochauflösende Projektoren und Bildschirme genutzt. Die Flugverkehrskontroll-Freigaben geben die Lotsen über ein simuliertes Funksystem. Ausgeführt werden ihre Befehle dann von sogenannten „Simulationspiloten“. Diese DLR-Mitarbeiter führen den Funkverkehr wie echte Piloten und können dabei mehrere virtuelle Flugzeuge über vereinfachte Verfahren gleichzeitig steuern. So ist das DLR in der Lage, für den Flughafen Zürich den neuen Rollweg bei unterschiedlichsten Verkehrs- und Wetterbedingungen zu testen.

„Neben dem möglichst realitätsgetreuen technischen Aufbau legt unser gesamtes Team sehr viel Wert auf eine umfassende Untersuchung“, erklärt DLR-Forscher Sebastian Schier  vom DLR-Institut für Flugführung, der die ATS-Aktivitäten leitet. Neben den Simulationspiloten unterstützen Psychologen, Simulations- und Luftfahrtexperten die Studie. Die Eindrücke der Lotsen, ihre Arbeitsbeanspruchung sowie ihr Situationsbewusstsein werden genauso analysiert wie die Roll- und Wartezeiten der Flugzeuge oder die Häufigkeit und die Dauer der im Funk gegebenen Anweisungen und Freigaben. „Nur wenn wir alle Aspekte – von der Lotsenmeinung bis zur Anzahl der Starts und Landungen – mit einbeziehen, können wir am Ende beurteilen, welche Verbesserungen der neue Rollweg bringt“, so Schier  weiter.

Einer der größten Simulationsaufbauten der Welt

Für die Studie des Flughafens Zürich wird der ATS in einer seiner größten Ausbaustufen verwendet. Nur wenige Simulatoren in der Welt sind in der Lage, so große und komplexe Möglichkeiten zu realisieren, wie sie für diese Studie nötig sind. Acht Lotsen in zwei getrennten Kontrollräumen führen die virtuellen Luft- und Bodenfahrzeuge. In einem dritten Raum sitzen zehn Simulationspiloten, Bodenfahrzeugoperateure und Koordinatoren. Sie steuern die Luftfahrzeuge, fahren die Flugzeugschlepper zum Zurückschieben der Flugzeuge oder nehmen Telefonanrufe als Flughafenmanagement- oder Enteisungs-Koordinatoren entgegen. Gesteuert wird die ganze Simulation von einem vierköpfigen Team aus Versuchsbeobachtern und Simulationsleitern.

Über zwei Simulationswochen mit unterschiedlichen Lotsen wird so der neue Rollweg unter Winter- wie Sommerbedingungen getestet. Die Lotsen müssen vom einfachen Flugverkehr nach Plan bis zu komplexen Sonderfällen verschiedene Situationen lösen. Egal ob Flugzeuge mit Fahrwerksdefekt oder Startabbruch – alle Situationen werden vom DLR-Team analysiert und mit den Lotsen besprochen, um Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.

„Am Ende hilft unsere Machbarkeitsstudie dem Flughafen Zürich das Potenzial des neuen Rollwegs optimal auszunutzen und die entsprechenden Verfahren zu finden, damit Safety- und Effizienzverbesserungen im Rollverkehr in Zürich optimal ausgeschöpft werden können“, so Sebastian Schier. Bis März 2017 sollen die jetzt ermittelten Daten ausgewertet sein.


Kontakt DLR: Sebastian Schier, Institut für Flugführung, sebastian.schier@dlr.de
Weitere Informationen zum Apron and Tower Simulator (ATS): WEBSEITE  –  PDF-DOWNLOAD