Fehlende Aussagen zur Verkehrsverlagerung und zur Stärkung der deutschen Binnenschifffahrt
Das deutsche Binnenschifffahrtsgewerbe blickt mit gemischten Gefühlen auf den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD. Während die getroffenen Aussagen zur Infrastruktur positiv zu bewerten seien, vermisst der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) ein klares Bekenntnis zur Verlagerung des Güterverkehrs auf das Wasser und zur Stärkung der deutschen Flotte.
Erfreulich sei, dass die Koalitionäre mutige Wege hin zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung in der Verkehrsinfrastruktur gehen wollen. Dazu gehöre unter anderem auch, dass der erweiterte Ersatzneubau in der Verkehrsinfrastruktur von der Pflicht eines Planfeststellungsverfahrens ausgenommen werden soll. Das würde auch bei den zahlreichen anstehenden Ersatzneubauten im Wasserstraßenbereich spürbare Effekte bewirken, etwa bei den Schleusen, die in weiten Teilen das technische Lebensalter lange überschritten haben und dringend erneuert werden müssen.
Für die Ertüchtigung der Wasserstraßen will die Bundesregierung „eine auskömmliche zusätzliche Finanzierung mit Planungssicherheit organisieren und hierfür einen Finanzierungs- und Realisierungsplan entwickeln“. Was das für die seit Jahrzehnten massiv unterfinanzierten Flüsse und Kanäle bedeute, bleibe jedoch offen und sei leider nicht so konkret formuliert wie etwa bei der Bahn, wo ausdrücklich eine Steigerung der Investitionen in das Schienennetz angekündigt werde, so der BDB. Unverständlich sei, dass es im Koalitionsvertrag keine Aussage dazu gebe, vermehrt Güter auch auf die Wasserstraße verlagern zu wollen, sondern nur auf die Schiene. Die Binnenschifffahrt verfüge als einziger Verkehrsträger noch über freie Kapazitäten in seiner Infrastruktur, habe eine sehr gute Klimabilanz mit sehr geringen externen Kosten und könne wertvolle Beiträge für die Entlastung von Straße und Schiene leisten.
Der BDB hätte sich von der Bundesregierung auch klare Aussagen zur Stärkung des deutschen Binnenschifffahrtsgewerbes gewünscht. Die durchweg mittelständisch strukturierte Branche stehe vor enormen Zukunftsaufgaben, die unter anderem aus der Energiewende, den geänderten Güterstrukturen und der Erwartung einer klimaneutralen Erneuerung der Flotte resultieren. Ohne die Fortsetzung der laufenden Maßnahmen, wie sie im „Masterplan Binnenschifffahrt“ genannt seien, werde es der Branche schwerfallen, im internationalen Wettbewerb zu bestehen: 70 % des Güterverkehrs auf dem Rhein entfallen schon heute auf niederländische und belgische Unternehmen.
Der BDB werde nach der Aufnahme der Regierungsgeschäfte gemeinsam mit den Partnern des Systems Wasserstraße darauf drängen, dass im Verkehrsministerium die Strategie für mehr Güter auf der Wasserstraße – und zwar insbesondere auch auf deutschen Binnenschiffen – fortentwickelt werde. Dies gelinge am besten durch eine Überprüfung und Aktualisierung des im Jahr 2019 veröffentlichten „Masterplans Binnenschifffahrt“. Eine konsequente Weiterentwicklung der Unterlage hin zu einem „Masterplan Binnenschifffahrt 2.0“ könne alle für das deutsche Binnenschifffahrtsgewerbe relevanten Maßnahmen bündeln, z. B. in den Bereichen Infrastruktur, Gewerbeförderung und Fachkräftesicherung.
Link zum Koalitionsvertrag: https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag2025_bf.pdf