Politik: Strategie

IfW-Konjunktur-Prognose: Abgaskrise und Niedrigwasser drücken BIP

Konjunktur
© Angelika Bentin, Fotolia.com/IfW

Die Konjunktur-Forscher des IfW Kiel haben ihre Prognose für die Zuwachsrate des BIP in Deutschland gesenkt. Für das Jahr 2018 erwarten sie nun ein Plus von 1,5 Prozent nach bislang 1,9 Prozent, für 2019 und 2020 rechnen sie jeweils mit einem Plus von 1,8 (bislang 2,0 bzw. 1,9) Prozent. Gründe für die deutliche Revision im vergangenen Jahr sind vor allem

  • Produktions- und Auslieferungsprobleme der Autoindustrie im Zuge des Übergangs auf den neuen Zulassungsstandard WLTP und die
  • Einschränkung der Binnenschifffahrt infolge niedriger Pegelstände.

Nach der Delle im dritten Quartal dürfte es Anfang 2019 zunächst zu einer Erholung kommen, insgesamt stößt der Aufschwung aber an seine Grenzen.

Die deutsche Wirtschaft hat die Spätphase des seit über fünf Jahren anhaltenden Aufschwungs erreicht. Nach dem Einbruch im dritten Quartal ist zum Jahreswechsel 2018/2019 mit einer Gegenbewegung zu rechnen, schreibt das Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) in seiner Winterprognose.

Abgaskrise und Niedrigwasser kosten 0,5 Prozent

Im zweiten Halbjahr haben mit der WLTP-Umstellung, der den Fahrzeugbau stocken ließ, und dem Niedrigwasser in wichtigen Flüssen, die die Transportkapazität der Binnenschifffahrt stark beeinträchtigte, zwei Sonderfaktoren die Wirtschaftsleistung gedämpft. Die IfW-Forscher schätzen, dass die damit einhergehenden Produktionsausfälle das Niveau des Bruttoinlandsprodukts im dritten bzw. vierten Quartal des laufenden Jahres um etwa 0,5 Prozent gedrückt haben. Auch einige Börsenprofis rechnen mit einer „technischen Rezession“ von zwei Quartalen.

Der Wegfall dieser belastenden Sonderfaktoren lässt Raum für einen Zwischenspurt im ersten Halbjahr 2019. Anschließend dürfte sich das konjunkturelle Grundmuster wieder durchsetzen, bei dem der obere Wendepunkt in Sichtweite gerät: „Der Aufschwung trägt noch in das nächste Jahr, im Jahresverlauf 2019 dürfte aber allmählich der Abschwung einsetzen“, sagte Stefan Kooths, Leiter des Prognosezentrums am IfW Kiel.

Vor allem Konsum wirkt weiterhin stimulierend

Neben den Exporten, die im kommenden Jahr wieder stärker Tritt fassen, werden die Konsumausgaben zur wichtigsten Triebkraft der Konjunktur. Die Kaufkraft der Konsumenten profitiert von weiter kräftigen Lohnzuwächsen und einem expansiven Kurs der Finanzpolitik, so dass mit den konsumnahen Branchen vor allem jene Dienstleistungsbereiche stimuliert werden, die noch am ehesten Expansionsspielräume aufweisen. Die Bauwirtschaft dürfte demgegenüber weiter an der Kapazitätsgrenze operieren.

Zahlreiche Risikofaktoren verstärken Prognoseunsicherheit

Der Ausblick für die kommenden beiden Jahre ist allerdings durch zahlreiche Unsicherheiten geprägt: Angesichts der hohen Auslastung der Produktionskapazitäten kann die deutsche Industrie nicht mehr so dynamisch expandieren und wird anfälliger für Störungen, weil kaum noch Reserven bestehen, um kurzfristige Planabweichungen aufzufangen. Kosten der Überauslastung und steigende Löhne drücken auf die Rentabilität. Wie stark sich die Kapazitäten tatsächlich noch ausreizen lassen, ist nicht eindeutig zu bestimmen, zumal derzeit Sonderfaktoren (Fahrzeugbau, Binnenschifffahrt) die Konjunktur-Signale der einschlägigen Frühindikatoren überlagern.

Hinzu kommen außenwirtschaftliche Risikofaktoren, vor allem durch den schwelenden Handelskonflikt zwischen den USA und China, dessen Ausmaß und Dauer schwer einzuschätzen sind, da die Motive der amerikanischen Handelspolitik weiter unklar bleiben. In Europa erwachsen Risiken aus dem Brexit sowie der Lage in Italien und der politischen Lage in Frankreich. „Angesichts einer hohen Staatsverschuldung könnte sich das Land damit neben Italien zum zweiten Instabilitätsfaktor im Euroraum entwickeln“, so Kooths.

Weltweit: Eintrübung der Konjunktur

Mit Blick auf die Weltkonjunktur hat sich 2018 die Stimmung nahezu überall deutlich eingetrübt. Neben der Verunsicherung durch Handelskonflikte trug dazu die Straffung der Geldpolitik in den USA bei. In deren Folge kam es zu einem Umschwung internationaler Kapitalströme, der die wirtschaftliche Expansion der Schwellenländer bremst. Die Weltproduktion, gerechnet auf Basis von Kaufkraftparitäten, wird in diesem Jahr wie im vergangenen Jahr um 3,7 Prozent zunehmen. Im kommenden Jahr dürfte die Zuwachsrate auf 3,4 Prozent zurückgehen und damit etwas schwächer als zuletzt prognostiziert (3,5 Prozent) ausfallen. Für 2020 erwarten die IfW-Konjunkturexperten unverändert einen Zuwachs um abermals 3,4 Prozent.


Die komplette Prognose zum Download: Kieler Konjunkturberichte Deutschland, Nr. 50 (2018 | Q4)


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