Logistik: Wissenschaft

Lebensmittel-Produktion: Mit Künstlicher Intelligenz Daten besser nutzen

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Professor Wolfgang Maaß und sein Forscherteam arbeiten an Lösungen für die moderne Landwirtschaft. Foto: Oliver Dietze

KI soll Lebensmittel-Daten zur Handelsware machen

Bei der Lebensmittel-Produktion fallen sehr große Datenmengen an, die bislang weitgehend ungenutzt bleiben. Diesen Schatz wollen Forscher unter Leitung des Wirtschaftsinformatikers Professor Wolfgang Maaß von der Universität des Saarlandes heben: Eine neue Daten-Transparenz soll für Erzeuger und Hersteller Einnahmequellen schaffen, dem Finanz- oder Versicherungsmarkt zuverlässige Vorhersagen ermöglichen und der Industrie Wege aufzeigen, um die Produktion zu optimieren. Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), die Universität des Saarlandes und das CISPA-Helmholtz-Zentrum bauen zusammen mit Partnern hierzu eine Plattform auf, um die Daten zu vernetzen und aufzubereiten.

Auf dem Feld, beim Transport und in den Fabrikhallen zählen, messen und sammeln Maschinen und Anlagen alle möglichen Werte. Analysen liefern eine Fülle von Informationen, Codes aus Zahlen und Buchstaben geben Auskunft über Rohstoff, Herkunft, Zuliefer- und Transportketten, Qualitätskontrolle und Nachfrage. Diese für sich betrachtet wenig spektakulären Daten nutzen bisher nur der Lebensmittel-Produzent, der Lieferant und der Fabrikant vor Ort – jeder allein für sich, um jeweils seinen kleinen Teil der Kette im Auge zu behalten. Werden aber solche Informationen verknüpft, können sie auch für andere Glieder der Produktkette aufschlussreich werden. Weiß etwa der Hersteller edler Schokolade früh über Qualität und Umfang der Kakao-Ernte Bescheid, kann er – wenn Bohnen bestimmter Güte absehbar knapp werden – seinen Einkauf besser planen, Finanzfachleute können früh und fundierter Preisentwicklungen für Rohstoffe voraussagen, Logistiker die Transportkapazität exakter einsteuern.

Kakaobohnen. ©_pixabay

Solches Wissen ist bare Münze wert: „Auf den internationalen Waren- und Rohstoffmärkten werden täglich Milliarden bewegt. Entsprechend hoch ist der Wert solcher Insider-Informationen“, erklärt Wolfgang Maaß, Wirtschaftsinformatik-Professor der Universität des Saarlandes und wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz DFKI. Sein Team erforscht, wie aus Daten wertschaffende Schlüsse gezogen werden können: „Smart Services“, intelligente Dienstleistung, heißt ihr Forschungs-Schwerpunkt. Gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie will er aus ohnehin vorhandenen digitalen Daten auch innerhalb der Lebensmittel-Wertschöpfungskette mehr machen als nur Mittel zum technischen Zweck.

Sabine Janzen, Forscherin aus dem Team von Maaß: „Solche Daten machen exakte geographische, ökologische und ökonomische Analysen möglich, etwa zu Qualitäten und Produktionsparametern. Auf diese Weise kann zum Beispiel auch der Ausschuss verringert, der Rohstoff-Einsatz optimiert und Ressourcen geschont werden.“ Es werde so auch möglich, Marktpotenziale genauer zu ergründen und Markthemmnisse und -barrieren früh sichtbar zu machen.

Die Forscher arbeiten jetzt an der Daten-Plattform, auf der alle Daten zusammenlaufen. Mithilfe Künstlicher Intelligenz, Methoden maschinellen Lernens und Informations- und Kommunikations-Technologien sollen die Daten automatisiert so verarbeitet und aufbereitet werden, dass sie effektiv verschiedenste Einblicke ermöglichen. Die Wissenschaftler entwickeln Datenprodukte, die auf der Plattform zum Kauf angeboten werden sollen. „Die Plattform wird technisch so gebaut, dass der Lebensmittel-Hersteller die Hoheit über seine Daten in der Hand behält und völlig frei entscheiden kann, welche Daten er über die globale Plattform Dritten zum Kauf anbietet und welche er nicht herausgibt“, sagt Sabine Janzen.

Das Bundeswirtschaftsministerium unterstützt das EVAREST-Projekt über das Technologieprogramm „Smarte Datenwirtschaft“. Im Rahmen des Projekts arbeiten das Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz DFKI und die Universität des Saarlandes zusammen mit der Software AG, dem CISPA-Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit, dem Forschungsinstitut für Rationalisierung an der RWTH Aachen, der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft AMI sowie dem Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli AG. Als assoziierter Partner unterstützt die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE) die Verbreitung der Projektergebnisse.