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Mehr Sicherheit und Effizienz im Tunnelbau

Tunnelbau
Foto: pixabay.de

DFKI-Software steuert Wartungsroboter für Bohrwerkzeug

Ein tiefgreifender Wandel im Tunnelbau war das Ziel des internationalen Verbundprojekts NeTTUN. Das besondere Augenmerk lag dabei auf der Sicherheit – schließlich birgt der Bau von Tunneln zahlreiche Risiken, insbesondere bei der Wartung der Bohrmaschinen. Die Projektpartner1  haben daher ein robustes Roboter-Wartungssystem entwickelt, das die Automatisierung von Routineaufgaben ermöglicht, etwa die Inspektion und den Austausch von Bohrwerkzeugen. Das Robotics Innovation Center des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) realisierte hierbei die High-Level-Steuerung des Wartungsroboters HECTOR.

NeTTUN (Neue Technologien für Tunnel- und Tiefbauarbeiten) adressierte alle Aspekte des Tunnelbaus und zielte auf deren Verbesserung: vom Bau über das Management bis hin zur Wartung von Tunnelbauwerken. Dies beinhaltete u.a. die Entwicklung von Schneidwerkzeugen mit deutlich erhöhter Lebensdauer, eines modernen Multi-Sensor-Bodenvorhersagesystems für schnelles und effektives Vorrausschauen während des Bohrens sowie von Systemen zur Kontrolle der Auswirkungen des Tunnelbaus auf umgebende Strukturen.

Eine entscheidende Zielsetzung von NeTTUN, welche das DFKI Robotics Innovation Centers unter Leitung von Prof. Dr. Frank Kirchner  gemeinsam mit der Firma NFM Technologies verfolgte, lag auf der Erhöhung der Sicherheit und Effizienz beim Bohrvorgang. Sie entwickelten ein robustes Roboter-Wartungssystem für Tunnelbohrmaschinen, das nicht nur die Automatisierung von Routineaufgaben, etwa die Inspektion und den Austausch von Bohrwerkzeug (disc cutter oder drag bits) ermöglicht, sondern auch die Bewältigung von komplexen Inspektions- und Wartungsarbeiten durch teilautonome Fernsteuerung. Auf diese Weise lässt sich zum Beispiel die Produktivität der Bohrarbeiten steigern, da Leerlaufzeiten während der Wartung vermieden werden. Gleichzeitig verringert sich das Risiko für die menschlichen Betreiber, deren Präsenz in der gefährlichen Umgebung nicht mehr unbedingt notwendig ist.

Das entwickelte System setzt sich aus dem mit zwei Greifern ausgestatteten Roboterarm HECTOR (NFM Technologies), der über fünf Freiheitsgrade auf sieben beweglichen Achsen verfügt, sowie aus einer vom Robotics Innovation Center konzipierten Mensch-Maschine-Schnittstelle zur Steuerung des Roboters zusammen. Die Schnittstelle in Form einer ergonomischen 3D-Maus besitzt eine graphische Benutzeroberfläche mit Statusanzeige, Simulations- und Live-Kameraansicht. Die Software zur High-Level-Steuerung des Robotersystems, die ebenfalls vom DFKI entwickelt wurde, ermöglicht es, den Arm und die Greifer mithilfe der 3D-Maus gleichzeitig und unabhängig voneinander zu betätigen – dies umfasst sowohl die Steuerung der einzelnen Achsen und des Endeffektors als auch die teilautonome Bewegungssteuerung.

In einer typischen Aufgabensequenz befindet sich das Robotersystem zunächst innerhalb einer Schutzkammer in der Tunnelbohrmaschine. Von dort bewegt es sich automatisch auf eine vordefinierte Position außerhalb der Kammer. Je nach zu inspizierendem Werkzeug kann der menschliche Operator den Roboter nun auf eine geeignete Position bewegen. Sobald das System die gewünschte Position erreicht hat, wird der Modus auf Teleoperation umgestellt und der Operator führt es in den Schneidkopf der Bohrmaschine. Dank des Live-Kamerabildes und der Sensorinformationen kann er so die Schneidwerkzeuge aus sicherer Entfernung inspizieren. Dabei erhält er durch die haptische Schnittstelle eine Rückmeldung über die Kräfte zwischen Greifer und Objekt. In dem Fall, dass der Operator ein verbrauchtes oder defektes Schneidwerkzeug identifiziert, wird dieses vom Wartungsroboter ausgetauscht.

Weitere Informationen: DFKI und NETTUN-Webseite


1  Neben dem DFKI und NFM Technologies gehörten folgende Partner zum internationalen Projektkonsortium:
École Centrale de Lyon (Koordinator), BG Ingénieurs Conseils SA, Delft University of Technology, National Technical University of Athens, École Polytechnique Fédérale de Lausanne, Ingegneria dei Sistemi S.p.A., Inexia, École Nationale des Travaux Publics de l’État, ME2i, Metro C S.p.A., Obrascón Huarte Lain (OHL), Razel-Bec, University of Leeds, Société Nationale des Chemins de fer Français, Tallinn University of Technology, Università degli studi di Roma Tor Vergata, Université de Limoges, Cistème, MI Partners.

Das Projekt NETTUN wurde vom 01.09.2012 bis zum 28.02.2017 von der Europäischen Union im Rahmen des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms unter der Finanzierungsvereinbarung Nr. 280712 gefördert.