Technologie

Mobilität nachhaltig gestalten: Wird Fliegen elektrisch?

Elektrisch fliegen
Grafik: DLR

DLR zeigt auf dem Aerosalon Paris 2019 unter anderem Konzepte für elektrisch fliegende Regionaljets

Mit aktuellen Projekten und Forschungsergebnissen präsentiert sich das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) vom 17. bis 23. Juni 2019 auf der diesjährigen Paris Air Show, dem Aerosalon Paris. Am deutschen Gemeinschaftsstand in Halle 2C widmet sich das DLR besonders den Schwerpunkten Digitalisierung, Klimawandel und Erhalt der Mobilität. Gezeigt werden technische Innovationen für ökoeffiziente Flugzeuge mit geringeren CO2– und Lärmemissionen bis hin zum elektrischen Fliegen sowie die DLR-Falcon 20E, das fliegende Labor für Umwelt- und Klimaforschung.

„Als größte europäische Forschungseinrichtung für Luft- und Raumfahrt arbeitet das DLR an der wissenschaftlich-technologischen Basis für neue, innovative Produkte, die unter anderem dazu beitragen, unsere Mobilität auch in Zukunft zu erhalten“, erläutert Frau Prof. Pascale Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des DLR. „Moderne Technologien wie die aus der Luft- und Raumfahrt sind aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Es gilt, diese Technologien verantwortungsvoll im Interesse der Erhaltung der Umwelt zu gestalten und nachhaltig einzusetzen. Eine Aufgabe, der sich das DLR im Auftrag der Gesellschaft mit Nachdruck widmet.“

Der 53. Aerosalon Paris als eine der größten Luftfahrtmessen der Welt bietet auch die Plattform für neue Partnerschaften. Zuletzt waren Delegationen aus 98 Ländern vertreten. Begleitet wird die Messe zudem von einem B2B-Meeting-Programm, in dem der Wissens- und Erfahrungsaustausch in Kombination mit der Lösungssuche im Luft- und Raumfahrtsektor im Vordergrund steht. Im Rahmen der Paris Air Show 2019 sind verschiedene Kooperationsvereinbarungen des DLR mit ONERA, CNES, JAXA und NASA geplant.

Das DLR präsentiert auf dem diesjährigen Aerosalon in Paris unter anderem folgende Themen aus der Luft- und Raumfahrt:

Regionalflugzeug-Konzept: mit verteilten elektrischen Antrieben fliegen
Schadstofffrei, effizient, leise und sicher – in Anbetracht des steigenden Luftverkehrsaufkommens sind dies die primären Ziele der europäischen Luftfahrtforschung. Die Entwicklung elektrischer Antriebskonzepte spielt dabei eine entscheidende Rolle. Bei dem vorliegenden Konzept eines Regionalflugzeugs konnten durch die Anordnung vieler Antriebe entlang des Flügels eine Vergrößerung des Auftriebs sowie eine Erhöhung des Antriebswirkungsgrads erreicht werden. Der vergrößerte Auftrieb lässt sich zur Verkleinerung der Tragflügelfläche und damit zur Reduktion von Gewicht und Luftwiderstand nutzen. Außerdem kann die Steuerung des Flugzeugs durch individuelle Ansteuerung der Antriebsmotoren teilweise übernommen werden, sodass die Leitwerke kleiner, damit ebenfalls leichter und widerstandsärmer entworfen werden können. Die elektrische Leistung kann durch Brennstoffzellen oder ein Hybridsystem mit Gasturbine bereitgestellt werden.

Multimodal Cockpit Simulator (MMCS)
Die Cockpit- und Umgebungsdarstellung des MMCS-Simulators basiert auf einer auf dem Kopf getragenen Virtual-Reality-Anzeige. Dadurch können die Forscher verschiedene existierende Helikoptertypen simulieren, aber auch eigens entwickelte Cockpitlayouts darstellen und neue Flugführungstechnologien testen. Der Simulator ist mit einem virtuellen 3D-Audiosystem ausgestattet; dieses schafft eine realistische akustische Umgebung, um tiefer in die Simulation einzutauchen und zukünftige Audioassistenzsysteme für Piloten zu testen.

Der Simulator wird – wie ein konventioneller Helikopter – mit Hilfe von drei Steuerelementen geflogen: Cyclic Stick, Kollektiv und Pedale. Es handelt sich dabei um aktive Steuerkraftkomponenten. Sie erzeugen durch eingebaute Motoren ein präzises Kraft-Feedback und vermitteln dem Piloten somit realistische Steuereindrücke vom Fliegen. Die zugrunde liegende Flugsimulation erfolgt entweder durch die kommerzielle Software X-Plane 11 oder durch DLR-eigene Helikopterflugmodelle inklusive neuartiger Flugregelungssysteme. Eine solche schnell konfigurierbare Testumgebung ist insbesondere in einer frühen Entwicklungsphase relevant, um verschiedene Konfigurationen ohne großen Zeitaufwand und trotzdem möglichst realitätsnah miteinander vergleichen zu können.

Numerische Simulation: Flugzeuge der Zukunft effizienter und umweltfreundlicher gestalten
Die Herausforderungen der Digitalisierung beschäftigen die Luftfahrtforscher schon seit vielen Jahren. Ihre Vision: Der gesamte Lebenszyklus eines Flugzeugs – vom ersten Entwurf über Entwicklung, Zulassung und Wartung bis hin zur Außerbetriebnahme – soll digital im Rechner abgebildet werden. Dieses „virtuelle Produkt“ würde Kosten und Risiken enorm senken. Doch ein Flugzeug und seine aerodynamischen Eigenschaften sind komplex.

Um sich der Realität digital anzunähern, unterteilen Wissenschaftler bei ihren Berechnungen am Computer den Raum um ein Flugzeug herum in ein Netz aus sehr vielen Kontrollzellen. In jeder Zelle können dann physikalische Kräfte wie Druck, Dichte und Geschwindigkeit berechnet werden. Je kleiner die Zellgrößer umso höher ist die Genauigkeit der Simulation. Daraus ergibt sich ein riesiges System mathematischer Gleichungen für die zu berechnenden Strömungsgrößen. Hochleistungsrechner ermöglichen es, Abermillionen von Rechenschritten pro Sekunde durchzuführen und ein solches Netz mit konsistenten Werten zu füllen.

Aufwendige Simulationsrechnungen zu lösen und das Verhalten von Flugzeugen im Rechner zu simulieren, sind maßgebliche Schritte in der Luftfahrtforschung, um Treibstoffverbrauch sowie Schadstoff- und Lärmemissionen zu reduzieren und die Flugzeuge der Zukunft sicherer, umweltfreundlicher und wirtschaftlicher zu machen – bis hin zum Zero-Emission-Aircraft.

Falcon 20E: Fliegen für die Klima- und Umweltforschung
Mit dem Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull im April 2010 kam die Falcon 20E-5 des DLR zu ihrem bisher spektakulärsten Einsatz: Als „Volcano Ash Hunter“ flog sie in die Aschewolke über Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Island. Dort untersuchte sie die Zusammensetzung und Konzentration der Vulkanpartikel, die den Linienflugverkehr zum Erliegen brachten. Wissenschaftler nutzen die Falcon, um vielfältige Fragen der Atmosphären- und Klimaforschung zu untersuchen. Direkt an Bord vermessen sie Spurengase und Aerosole und sammeln Luftproben für spätere Laboranalysen.

In den letzten Jahren war die Falcon eines der wichtigsten Großforschungsgeräte des DLR, um die Auswirkungen von Flugzeug-Emissionen auf die Atmosphäre zu erforschen. Ihre einzigartige Modifikation und Ausstattung machen die Falcon zu einer echten Mehrzweckplattform für Forschungsanwendungen zum Fliegen, die den individuellen Bedürfnissen entsprechend angepasst werden kann.

Unbemannter Forschungshubschrauber superARTIS
Seit 2012 betreibt das DLR den unbemannten Hubschrauber mit über 80 Kilogramm Gesamtmasse unter dem Namen superARTIS (Autonomous Rotorcraft Testbed for Intelligent Systems). Im Jahr 2015 wurden zwei neue Hubschrauber vom Typ SDO 50V2 der Firma SwissDrones Operating AG in Betrieb genommen. Mit Hilfe dieser Systeme werden – unterstützt durch eine aufwändige Simulationsumgebung – anspruchsvolle automatische Flugmissionen entwickelt und erprobt. Im Fokus der Forschung stehen dabei die selbstständige Umwelterkennung, die Pfadplanung, Flugregelung auch für agile Manöver sowie Navigationsmethoden unter Berücksichtigung der Störanfälligkeit von Satellitennavigation. Durch eine hohe Nutzlastkapazität, Reichweite und Fluggeschwindigkeit ist superARTIS zu realitätsnahen Forschungseinsätzen in der Lage – beispielsweise über dem Meer, im Verband mit anderen Luftfahrzeugen oder als Träger von Multisensor-Systemen.