Politik: Strategie

Kritische Rohstoffe: Kommission zur sicheren Versorgung der EU

Kritische Rohstoffe: EU-Kommissions-Vorschlag für eine sichere und nachhaltige Versorgung
Mining. Dylanna Fisher | pixabay

[EU-Kommission] – Read-out der Vertretung in Deutschland vom wöchentlichen Meeting der Von-der-Leyen-Kommission: Kommissions-Vorschlag zum Critical Raw Materials Act über Kritische Rohstoffe und die sichere und nachhaltige Versorgung der EU. Valdis Dombrovskis und Thierry Breton.

Die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen war noch nie so hoch wie heute, und es wird erwartet, dass sie im Zuge des grünen und digitalen Wandels weiter steigen wird. Die EU-Kommission hat deshalb Vorschläge vorgelegt, wie die europäische Industrie sicher und nachhaltig mit kritischen Rohstoffen versorgt werden kann. Das Ziel: alle Stufen der europäischen Wertschöpfungskette für kritische Rohstoffe stärken; die Einfuhren der EU diversifizieren, um strategische Abhängigkeiten zu verringern; das Risiko, dass die Versorgung unterbrochen wird, besser überwachen und eindämmen. Kritische Rohstoffe sind für den ökologischen und digitalen Wandel ebenso wie in der Verteidigung und der Raumfahrt unverzichtbar.

„Dieses Gesetz wird uns unseren Klimazielen näherbringen. Es wird die Raffinierung, die Verarbeitung und das Recycling von wichtigen Rohstoffen hier in Europa erheblich verbessern. Rohstoffe sind für die Herstellung von Schlüsseltechnologien für unsere doppelte Energiewende – wie Windenergieerzeugung, Wasserstoff­speicherung oder Batterien – unerlässlich“, sagte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen. „Wir verstärken unsere Zusammenarbeit mit zuverlässigen Handelspartnern auf der ganzen Welt, um die derzeitige Abhängigkeit der EU von nur einem oder wenigen Ländern zu verringern. Es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, die Produktion auf nachhaltige Weise hochzufahren und gleichzeitig ein Höchstmaß an Diversifizierung der Lieferketten für unsere europäischen Unternehmen zu gewährleisten.”

Globales Engagement verstärken, mit Drittländern zusammenarbeiten
Der Rechtsakt wird von einer Mitteilung begleitet. Darin wird dargelegt, wie die EU ihr globales Engagement verstärken will, um Investitionen, Produktion und Handel mit zuverlässigen Partnern zu entwickeln und zu diversifizieren. Die EU wird diese Ziele in Zusammenarbeit mit Drittländern im Rahmen von Partnerschaften zum beiderseitigen Nutzen verfolgen: um deren eigene wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig zu fördern und gleichzeitig sichere, widerstandsfähige, erschwingliche und ausreichend diversifizierte Wertschöpfungsketten für die EU zu schaffen.

Zusammen mit der Reform des Strommarktdesigns und dem bevorstehenden Gesetz über die Netto-Null-Industrie schaffen die Vorschläge zu kritischen Rohstoffen ein günstiges regulatorisches Umfeld für die Netto-Null-Industrie und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie, wie im Green Deal Industrial Plan angekündigt.

Maßnahmen in der EU:

  • Festlegung klarer Prioritäten

Zusätzlich zu einer aktualisierten Liste kritischer Rohstoffe enthält der Rechtsakt eine Liste strategischer Rohstoffe. Dabei handelt es sich essentielle Rohstoffe für Technologien, die für Europas grüne und digitale Ambitionen sowie für Verteidigungs- und Raumfahrt­anwendungen wichtig sind, und für die potenzielle Versorgungsrisiken bestehen. Die Verordnung verankert sowohl die Liste der kritischen als auch der strategischen Rohstoffe im EU-Recht.

Die Verordnung setzt klare Zielvorgaben für die heimischen Kapazitäten entlang der Lieferkette strategischer Rohstoffe und für die Diversifizierung der EU-Versorgung:

  • mindestens 10 Prozent des jährlichen Bedarfs der EU in Bezug auf den Abbau,
  • mindestens 40 Prozent des jährlichen Bedarfs der EU in Bezug auf die Verarbeitung,
  • mindestens 15 Prozent des jährlichen Bedarfs der EU in Bezug auf das Recycling,
  • höchstens 65 Prozent des jährlichen Bedarfs der EU an jedem strategischen Rohstoff in allen relevanten Verarbeitungsstufen aus einem einzigen Drittstaat.
  • Schaffung sicherer und widerstandsfähiger Versorgungsketten

Der Rechtsakt wird den Verwaltungsaufwand verringern und die Genehmigungsverfahren für kritische Rohstoffprojekte in der EU vereinfachen. Darüber hinaus wird ausgewählten strategischen Projekten der Zugang zu Finanzmitteln erleichtert, Genehmigungsfristen werden verkürzt (24 Monate für Abbaugenehmigungen und 12 Monate für Aufbereitungs- und Recyclinggenehmigungen). Die Mitgliedstaaten müssen außerdem nationale Programme für die Erkundung geologischer Ressourcen entwickeln.

  • Sicherstellen, dass die EU Versorgungsrisiken abfedern kann

Um die Widerstandsfähigkeit der Versorgungsketten zu gewähr­leisten, sieht der Rechtsakt die Überwachung kritischer Rohstoff­versorgungs­ketten und die Koordinierung der strategischen Rohstoff­vorräte zwischen den Mitglieds­staaten vor. Bestimmte Groß­unter­nehmen müssen ihre strategischen Rohstoff­versorgungs­ketten prüfen, das umfasst auch einen Stresstest auf Unternehmens­ebene.

  • Investitionen in Forschung, Innovation und Qualifikationen

Die Kommission wird die Einführung und den Einsatz bahnbrechender Technologien bei kritischen Rohstoffen fördern. Darüber hinaus werden durch die Einrichtung einer groß angelegten Qualifikations­partnerschaft für kritische Rohstoffe und einer Rohstoff­akademie die für die Arbeitskräfte in kritischen Rohstoff­versorgungs­ketten relevanten Qualifikationen gefördert. Extern wird das Global Gateway als Instrument zur Unterstützung der Partnerländer bei der Entwicklung ihrer eigenen Abbau- und Verarbeitungskapazitäten, einschließlich der Entwicklung von Qualifikationen, genutzt werden.

  • Schutz der Umwelt durch Verbesserung der Kreislauf­wirtschaft und der Nachhaltigkeit von wichtigen Rohstoffen

Eine sicherere und erschwinglichere Versorgung mit kritischen Rohstoffen muss Hand in Hand gehen mit verstärkten Bemühungen, etwaige negative Auswirkungen sowohl innerhalb der EU als auch in Drittländern im Hinblick auf Arbeitnehmerrechte, Menschenrechte und Umweltschutz abzumildern. Bemühungen zur Verbesserung der nachhaltigen Entwicklung der Wertschöpfungsketten für kritische Rohstoffe werden auch zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in Drittländern sowie zu nachhaltiger Regierungsführung, Menschenrechten, Konfliktlösung und regionaler Stabilität beitragen.

Die Mitgliedstaaten müssen nationale Maßnahmen verabschieden und umsetzen, um die Sammlung von Abfällen, die reich an kritischen Rohstoffen sind, zu verbessern und deren Recycling zu kritischen Sekundärrohstoffen sicherzustellen. Die Mitgliedstaaten und private Betreiber müssen das Potenzial für die Rückgewinnung kritischer Rohstoffe aus Abfällen aus dem laufenden Bergbau, aber auch aus historischen Bergbauabfällen untersuchen. Produkte, die Dauermagnete enthalten, müssen die Anforderungen an die Kreislaufwirtschaft erfüllen und Informationen über die Wiederverwertbarkeit und den Recyclinganteil enthalten.

Internationales Engagement:

  • Diversifizierung der Einfuhren kritischer Rohstoffe in die Union

Die EU wird sich bei der Versorgung mit solchen Rohstoffen niemals selbst versorgen können und wird weiterhin für einen Großteil ihres Verbrauchs auf Einfuhren angewiesen sein. Der internationale Handel ist daher unerlässlich, um die globale Produktion zu unterstützen und die Diversifizierung der Versorgung zu gewährleisten. Die EU wird ihr globales Engagement mit zuverlässigen Partnern verstärken müssen, um Investitionen zu entwickeln und zu diversifizieren, die Stabilität des internationalen Handels zu fördern und die Rechtssicherheit für Investoren zu verbessern. Insbesondere wird sich die EU um für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaften mit Schwellen- und Entwicklungsländern bemühen, vor allem im Rahmen ihrer Global-Gateway-Strategie.

  • Verstärkung der handelspolitischen Maßnahmen

Das geschieht u. a. durch die Einrichtung eines Clubs für kritische Rohstoffe für alle gleichgesinnten Länder, die bereit sind, die globalen Lieferketten zu stärken, durch die Stärkung der Welthandelsorganisation (WTO), durch die Ausweitung ihres Netzes von Abkommen zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und von Freihandelsabkommen sowie durch die verstärkte Durchsetzung von Maßnahmen zur Bekämpfung unfairer Handelspraktiken.

  • Strategische Partnerschaften weiter ausbauen

Die EU wird mit zuverlässigen Partnern zusammenarbeiten, um deren eigene wirtschaftliche Entwicklung durch die Schaffung von Wertschöpfungsketten in ihren eigenen Ländern nachhaltig zu fördern und gleichzeitig sichere, widerstandsfähige, erschwingliche und ausreichend diversifizierte Wertschöpfungsketten für die EU zu fördern.

Nächste Schritte

Die vorgeschlagene Verordnung wird vor ihrer Annahme und ihrem Inkrafttreten vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union erörtert und gebilligt.


Hintergrund (Links dazu unten)
Diese Initiative umfasst eine Verordnung und eine Mitteilung. Mit der Verordnung wird ein rechtlicher Rahmen geschaffen, um die Entwicklung inländischer Kapazitäten zu unterstützen und die Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit der kritischen Rohstoff­versorgungs­ketten in der EU zu stärken. In der Mitteilung werden Maßnahmen vorgeschlagen, um die Diversifizierung der Lieferketten durch neue internationale, sich gegenseitig unterstützende Partnerschaften zu fördern. Der Schwerpunkt liegt auch auf der Maximierung des Beitrags von EU-Handelsabkommen, in voller Komplementarität mit der Global Gateway-Strategie.
Das Gesetz über kritische Rohstoffe wurde von Kommissionspräsidentin von der Leyen während ihrer Rede zur Lage der Union 2022 angekündigt, in der sie dazu aufrief, die Abhängigkeit der EU von importierten kritischen Rohstoffen durch Diversifizierung und Sicherung einer heimischen und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen zu verringern. Er entspricht der vom Europäischen Rat angenommenen Erklärung von Versailles 2022, in der die strategische Bedeutung kritischer Rohstoffe für die Gewährleistung der strategischen Autonomie der Union und der europäischen Souveränität hervorgehoben wird. Sie reagiert auch auf die Schlussfolgerungen der Konferenz über die Zukunft Europas und auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom November 2021 für eine EU-Strategie für kritische Rohstoffe.
Die Maßnahmen stützen sich auf die Kritikalitätsbewertung von 2023, den Vorausschaubericht mit Schwerpunkt auf strategischen Technologien und die im Rahmen des Aktionsplans 2020 für kritische Rohstoffe eingeleiteten Maßnahmen. Der Vorschlag wird durch die wissenschaftliche Arbeit der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der Kommission untermauert. Zusammen mit der GFS-Foresight-Studie hat die GFS auch das Rohstoff-Informationssystem überarbeitet, das Informationen über primäre (gewonnene/geerntete) und sekundäre Rohstoffe, z. B. aus dem Recycling, liefert. Das Instrument liefert Informationen über bestimmte Materialien, Länder sowie für verschiedene Sektoren und Technologien und enthält Analysen zu Angebot und Nachfrage, sowohl für die Gegenwart als auch für die Zukunft.
Der Critical Raw Material Act wird parallel zum Net Zero Industry Act der EU vorgelegt, der darauf abzielt, die EU-Herstellung wichtiger kohlenstoffneutraler oder „Netto-Null“-Technologien zu steigern, um sichere, nachhaltige und wettbewerbsfähige Lieferketten für saubere Energie im Hinblick auf die Erreichung der Klima- und Energieziele der EU zu gewährleisten.