Infrastruktur: Projekte

DEKOR-X: Straßenkreuzungen durch Vernetzung sicherer machen

DEKOR-X: Straßenkreuzungen durch Vernetzung sicherer machen
Symbolbild: Sandid | pixabay

[HS Coburg] – Offizieller Startschuss für Forschungsprojekt „DEKOR-X“: Mit einer Kick-off-Veranstaltung beim Konsortialführer Valeo startete am Dienstag, 14. März, das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „DEKOR-X (Dezentraler Kommunikationsraum Kreuzung)“ offiziell. Das Vorhaben ist Teil der Leitinitiative autonomes und vernetztes Fahren des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert.

Im Straßenverkehr gehören innerstädtische Kreuzungen zu den schwierigsten Heraus­forderungen. Dies gilt bereits für menschliche Verkehrs­teilnehmer, doch die fortschreitende Automatisie­rung macht es mehr und mehr auch zu einer technischen Aufgabe, den Verkehrsfluss und die Sicherheit an Kreuzungen zu optimieren. Kreuzungs­situationen sind komplex, vielfältig und insbesondere bei höherem Verkehrs­aufkommen nicht immer vollständig zu überblicken.

Gefahrenstelle Kreuzung: Hier setzt DEKOR-X an
Es entschärft die Gefahrenstelle Kreuzung durch sogenannte dezentrale Kommunikation, ohne dass dafür an jeder Kreuzung teure zusätzliche Infrastruktur zugebaut werden muss. Intelligente, automatisierte Fahrzeuge tauschen die Informationen aus ihrer Sensorik untereinander aus, erweitern ihr Sichtfeld und erhöhen somit die Sicherheit nicht nur für die Fahrzeuginsassen, sondern ebenso für nicht-motorisierte und nicht-automatisierte Verkehrsteilnehmer. Dies erlaubt es, zum Beispiel „um die Ecke zu blicken“ oder Informationen zu erhalten, was vor Fahrzeugen geschieht, die vor dem eigenen Auto stehen und die Sicht verdecken.

Weiterhin sollen gesammelte Informationen in eine Cloud wandern, wo daraus über lange Zeit erlernte Bewegungs­muster entstehen. Diese Modelle werden den vernetzten Fahrzeugen wieder zur Verfügung gestellt und tragen dazu bei, vor möglichen Gefahren zu warnen sowie Fahrweise und Fahrkorridor anzupassen. Im Projekt werden dazu Konzepte und Methoden zur Bewegungs­modell­erzeugung, für Kommunikationskanäle und zur Informationsverarbeitung im Fahrzeug entwickelt.

Jörg Schrepfer, Standortleiter von Valeo in Kronach und Leiter der Fahr­assistenz­forschung: „Bei erfolgreicher Umsetzung von DEKOR-X ergibt sich eine Vielzahl von Plus­punkten: Emissionen werden durch einen abgestimmten Fahrzeug­fluss und weniger Anfahr- und Abbremsmanöver gemindert, während die Sicherheit vor allem für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen steigt. Der in dem Projekt verfolgte dezentrale Ansatz ermöglicht schnelle und kostengünstige Lösungen für automatisierte Fahrfunktionen und wäre direkt auf andere urbane sowie ländliche Gebiete übertragbar.“

Markus Fischer (Projektleiter Continental Automotive Technologies GmbH): „Eine wesent­liche Heraus­forderung in DEKOR-X ist es, die über die dezentrale Kommunikation zusammen­geführten Daten zu nutzen, um verlässliche Informationen zu Gefahren­situationen zu erhalten. Continental wird mit diesen Daten im Projekt ein KI-basiertes Vorhersage­modell schaffen. Dieses Modell ermöglicht es, das Verhalten der Verkehrs­teilnehmer an der Kreuzung vorherzusagen.“ In kritischen Situationen kann diese Vorhersage dann dazu genutzt werden, Benutzer vor Gefahren zu warnen oder schützend in Fahrfunktionen einzugreifen. Dabei kommt die Vorhersage sowohl den Verkehrs­teilnehmern zugute, die sich an der kooperativen Kommunikation beteiligen, als auch solchen, die dies nicht können, z.B. Fußgänger und Fahrradfahrer.

Georg Geduld (CEO von DENSO ADAS Engineering Services GmbH): „In DEKOR-X werden maßgebliche Weichen für die deutsche Umsetzung der digital unterstützten Straße gestellt. Ziel der Entwicklung ist neben der Erhöhung der Verkehrssicherheit auch das Ausrollen einer kosteneffizienten Lösung auf urbane Gebiete, fernab von den hoch­technisierten Ballungsgebieten.“ Dezentrale Automatisierung von Infrastruktur und Fahrzeug­kommunikation sind Schlüssel für eine schnelle und flächen­deckende Verbreitung und Verbesserung der Verkehrssituation.

Lucila Patino Studencki, Professorin für V2X-Technologien an der Fakultät für Maschinen­bau und Automobil­technik der Hochschule Coburg: „An der Kreuzung treffen alle Arten von Verkehrs­teilnehmern aufeinander: Fußgänger, Radfahrer und Fahrzeuge. Jeder dieser Verkehrsteilnehmer und deren Absichten müssen im autonomen Betrieb bei der Entscheidungs­findung für die nächsten Fahrmanöver berücksichtigt werden. Das macht dieses Szenario sehr anspruchsvoll, aber auch aus wissenschaftlicher Sicht sehr interessant.“

Die Technische Universität Chemnitz ist im Projekt durch die Professur für Nachrichten­­technik beteiligt. Ihre zentrale Forschungs­aufgabe ist eine verbesserte Fahrzeug­­umfeld­wahrnehmung durch die Vernetzung mit anderen Fahrzeugen und der Verkehrs­infrastruktur. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dezentraler Datenfusion. Damit können Fahrzeuge bspw. um die Ecke schauen oder weit entfernte Objekte früher erkennen.

Für DEKOR-X hat sich ein leistungsfähiges Konsortium zusammengefunden
Neben dem Konsortialführer Valeo gehören dazu die Continental Automotive GmbH, die DENSO ADAS Engineering Services GmbH, die Hochschule Coburg sowie die Technische Universität Chemnitz. Das Konsortium strebt eine gemeinsame Standardisierung und Lösungs­definition an. Die Teilnehmer bringen in Summe sieben Testfahrzeuge in das Projekt ein. Somit ist eine hersteller­über­greifende gemeinsame Entwicklung und der Nachweis der sogenannte Inter­operabilität jederzeit möglich.