Technologie: Wissenschaft

Aus Hefezellen Bio-Treibstoff gewinnen

Bild: Daniel Schwen/Wikimedia Commons

Eine Forschungsgruppe aus Graz untersucht in einem vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Projekt, wie sich mittels genetisch veränderter Hefezellen Fett für die Erzeugung von Biodiesel produzieren lässt.

Biologisch hergestellter Treibstoff ist einer der Hoffnungsträger einer künftigen Energiewende. Verbrennungsmotoren mit klimaneutral hergestelltem Diesel oder Benzin könnten neben E-Mobilität den Ausstieg aus fossilen Energieträgern unterstützen. Derzeit muss dieser „Biosprit“ aber aus hochwertigen Rohstoffen wie Raps oder Mais hergestellt werden, dessen Anbau große Ackerflächen benötigt. Forschergruppen aus aller Welt suchen daher intensiv nach Alternativen.

Eine davon wäre, mit Hefezellen aus Zelluloseabfällen Fett zu erzeugen, das dann in Biodiesel umgewandelt werden kann. Ein vom Wissenschaftsfonds FWF finanziertes Projekt einer Gruppe um den Molekularbiologen Klaus Natter von der Universität Graz hatte zum Ziel, die Fettproduktion in Hefezellen durch gentechnische Veränderung zu erhöhen.

Gut erforschte Hefe

Natter und seine Gruppe profitieren davon, dass Hefezellen sehr gut verstanden sind. „Die Genome der Hefen, mit denen wir arbeiten, sind vollständig sequenziert, was den Stoffwechsel betrifft, sind nahezu alle Prozesse, die in der Zelle ablaufen, bekannt“, sagt Natter. Der Forscher spricht von der sogenannten „Bäckerhefe“ und den „Fetthefen“. „Erstere ist die Hefe, über die man am meisten weiß. Sie wird in den meisten Nahrungsmitteln verwendet, für Brot, Bier, Wein und eben auch in der Biosprit-Produktion. Seit Mitte vergangenen Jahrhunderts ist sie ein beliebtes Modell in der Forschung. Deshalb weiß man über diese viel mehr als über alle anderen“, so Natter. Mit Fetthefen arbeite man hingegen erst seit kurzem. „Sie ist wegen des namensgebenden Fettgehalts interessant.“ Fetthefen lagern bis zu 20 % ihres Gesamtgewichts an Fett ein, die Bäckerhefe zwischen 5 % und 10r%.

Fetttröpfchen in Hefezellen

Fetttröpfchen in Hefezellen vor und nach der Optimierung. Quelle: Klaus Natter/Uni Graz

Hefezellen mit bis zu 70 % Fettgehalt

Mittels Computersimulationen des Zellstoffwechsels versuchte Natters Forschergruppe ein Jahr lang, ein genaues Modell der Fetthefe „Yarrowia lipolytica“ zu erstellen, das alle Stoffwechselprozesse der Zelle abbildet, und Gene zu identifizieren, deren Veränderung den Fettgehalt erhöhen könnte. Diese Ergebnisse konnten durch darauffolgende Experimente bestätigt werden: Sowohl Fetthefe als auch Bäckerhefe konnten auf diese Art hinsichtlich der Fettproduktion optimiert werden. Die genetisch veränderte Fetthefe lagerte daraufhin zwischen 50 und 60 Prozent Fett ein.

Auch bei der eigentlich fettärmeren Bäckerhefe konnte der Fettgehalt um ein Mehrfaches gesteigert werden, ein überraschendes Ergebnis. „Das zeigt, dass die Unterteilung in fette oder nicht fette Hefen nicht ganz korrekt ist“, verdeutlicht Natter. Es könnte durchaus sein, dass die besser verstandene Bäckerhefe der aussichtsreichere Kandidat zur Fettproduktion ist. Der Forscher betont, dass die veränderten Hefezellen ganz normal lebensfähig sind und nur etwas langsamer wachsen als die Wildtypen.

Simulation Stoffwechsel einer Hefezelle

So komplex ist der Stoffwechsel einer Hefezelle. Die Simulation erfasst 99 % des Stoffwechsels der Fetthefe „Yarrowia lipolytica“, sprich die chemischen Reaktionen in der Zelle, um bestimmte Nährstoffe aufzunehmen und umzuwandeln. Quelle: _Martin Kavšček

Natters Gruppe ist also zufrieden mit den Ergebnissen dieses Grundlagenprojekts, doch es gibt noch eine Reihe von Hürden auf dem Weg zur industriellen Umsetzung. „Um den Prozess nachhaltig zu machen, müsste der Nährstoff für diese Hefen aus Abfällen bestehen“, erklärt Natter. Von geeigneten Enzymen zerlegte Zellulose wäre ein guter Kandidat. „Dann würden beim Abernten eines Maisackers nicht mehr die Maiskolben, sondern der Rest zur Biodieselproduktion verwendet werden.“

Im Moment sei das Verfahren allerdings noch nicht wirtschaftlich. Natter sieht nur einen ernsthaften Konkurrenten zur Hefe, was eine künftige Biodieselproduktion angeht: Algen. Diese seien reizvoll, weil sie direkt Sonnenlicht und CO2 in Fett umwandeln könnten, allerdings würden auch sie große Flächen benötigen und im Vergleich zu Hefe sehr langsam wachsen. – Hefe vermehrt sich etwa zehn Mal schneller.

Hefezellen, die Diesel ausscheiden

Den Fett-Ertrag von Hefe zu steigern, ist nur ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur nachhaltigen Biodiesel-Produktion. Natter macht auf zwei weitere Forschungsrichtungen aufmerksam, die künftig den Prozess erleichtern sollen. Ein wichtiger Punkt ist der „Zellaufschluss“, also die Frage, wie man das Fett aus der Zelle bekommt. „Das Extrahieren der Fetttröpfchen aus der Zelle ist ein aufwändiger Prozess“, erklärt Natter. Ein wichtiger Schritt in Richtung einer biotechnologischen Umsetzung wäre es daher, die Zelle dazu zu bringen, dass sie das produzierte Fett von selbst ausscheidet. Dafür gebe es derzeit noch keine brauchbare Lösung, so der Forscher.

Alternativ dazu gibt es Ansätze, die Hefezellen nicht nur das Fett, sondern direkt den Biodiesel produzieren zu lassen, der von den Zellen sekretiert werden kann. Das funktioniert grundsätzlich, doch die Ausbeuten sind derzeit noch viel geringer als bei der Fettspeicherung in der Zelle. Weitere Grundlagenforschung soll helfen, diesen Prozess besser zu verstehen und zu optimieren. Dann könnten in Zukunft, so die Hoffnung, Hefezellen, die sich von Zellulose ernähren, direkt Biodiesel produzieren und diesen selbstständig ausscheiden. „In der Grundlagenforschung zur Fettproduktion von Hefe sind wir inzwischen sehr weit“, bestätigt Natter. „Jetzt geht es darum, das in die Anwendung zu bringen.“


Klaus Natter ist Assoziierter Professor am Institut für Molekulare Biowissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz. In seinen Forschungsarbeiten befasst er sich mit der Regulation des Lipidstoffwechsels und mit anwendungsorientierten Ansätzen zur Entwicklung von Hefestämmen für die biotechnologische Produktion von Fetten und fettähnlichen Substanzen.


Publikationen:
– Bhutada, G., Kavšček, M., Ledesma-Amaro, R., Thomas, S., Rechberger, G.N., Nicaud, J.-M., Natter, K.: Sugar versus fat: Elimination of glycogen storage improves lipid accumulation in Yarrowia lipolytica. FEMS Yeast Research, 2017 doi: 10.1093/femsyr/fox020
– Kavšček, M., Stražar, M., Curk, T., Natter, K., Petrovic?, U.: Yeast as a cell factory: current state and perspectives. Microbial Cell Factories, 2015 doi: 10.1186/s12934-015-0281-x
– Kavšček, M., Bhutada, G., Madl, T., Natter, K.: Optimization of lipid production with a genome-scale model of Yarrowia lipolytica. BMC Systems Biology, 2015 doi: 10.1186/s12918-015-0217-4